Jeder, der sich mit Lernen beschäftigt hat es schon einmal gehört „Das kann ich nicht, das schaffe ich nie!“
Vielleicht denkt auch jetzt der eine oder andere von sich: Mathe / Deutsch / Englisch / Physik kann ich nicht, das konnte ich noch nie. Viele meiner Schüler kommen mit diesen Gedanken in die Lerntherapie oder das Lerncoaching.
Doch ist das wirklich fix, ist das so, dass wir bestimmte Dinge einfach nicht können und auch nicht lernen können? Wie kommt es dazu, dass manche dann trotzdem über sich hinauswachsen? Das hat mit dem Growth Mindset, dem Wachstumsdenken zu tun.
Was bedeutet der Begriff „Growth Mindset“?
Mein Mindset beschreibt meine Sichtweisen, meine Überzeugungen und mein Denken. Daraus ergeben sich meine Verhaltensmuster und das Bild, das ich von mir selbst habe.
Carol Dweck, Professorin für Psychologie an der Stanford University, beschreibt in ihrem Buch „Selbstbild. Wie unser denken Erfolge und Niederlagen bewirkt“ die beiden möglichen Ausprägungen unseres Selbstbilds. Wir können ein Fixed Mindset, also ein starres Selbstbild haben oder über ein dynamisches Selbstbild, ein Growth Mindset, also über ein an Wachstum orientiertem Denken verfügen.
Wie äußern sich „Growth Mindset“ und „Fixed Mindset“?
Ob wir über ein dynamisches oder ein fixes Selbstbild verfügen zeigt sich häufig in sprachlichen Formulierungen.
Mathe kann ich nicht. Da mache ich wieder nur viele Fehler.
Das ist mir zu schwer, das brauche ich gar nicht erst zu versuchen.
Das schaffe ich nicht. Das konnte ich noch nie.
Dies sind Beispiele, die einem Fixed Mindset, also starrem Denken, zuzuordnen sind. Diese Gedanken hemmen uns, etwas überhaupt zu versuchen. Wir erwarten ein negatives Ergebnis und vermeiden Herausforderungen. Wir beziehen Niederlagen auf unsere Person und geben bereits zu Beginn auf.
Ich versuche es und gebe mein Bestes.
Meine Fehler zeigen mir, wo ich mich noch verbessern kann.
Ich bin bereit für eine Herausforderung. Das probiere ich mal aus.
Das hat noch nicht geklappt. Vielleicht brauche ich eine andere Strategie?
Diese Formulierungen zeigen, dass das Denken dynamisch, als auf Veränderung ausgerichtet ist. Nicht ich als Person BIN eben so, sondern ich kann mich Herausforderungen stellen und etwas verändern. Wenn etwas nicht klappt, liegt es nicht an mir, sondern vielleicht an meiner Strategie oder den Umständen, die nicht ideal waren.
Thematisierung in der Lerntherapie
Unser Selbstbild ist entscheidend für unser Lernen und damit auch für unseren Erfolg. Studien von Dweck zeigen, dass das Selbstbild die Leistung von Schülern beeinflusst. Sie untersuchte eine Gruppe von Schülern beim Übertritt auf die weiterführenden Schule. Während die Leistungen der Schüler in der Grundschule ähnlich gut waren, verschlechterten sich die Leistungen der Schüler mit einem starren Selbstbild mit den steigenden Anforderungen kontinuierlich. Sie verinnerlichten schließlich für sich, dass sie „einfach zu dumm“ oder „Matheversager“ sind. Schüler mit einem dynamischen Selbstbild, einem Growth Mindset, konnten dagegen ihre guten Leistungen halten oder sogar verbessern. Bei einem Misserfolg überlegten sie, wie sie beim nächsten Mal besser abschneiden könnten und nutzen ihre Ressourcen, also eigene Fähigkeiten oder aber auch Unterstützungsmöglichkeiten durch andere.
Dies ist ein wichtiges Thema für meine Schüler in der Lerntherapie. Häufig haben sie bereits viele Misserfolgserfahrungen gemacht, bevor sie Unterstützung erhalten. Es gilt daher, diese negativen Gedanken, die Wachstum verhindern, in positive Gedanken umzuformen, bestehende Lücken aufzuarbeiten und damit eine gute Basis für das Weiterlernen zu schaffen.
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In der Lerntherapie beschäftigen wir uns mit den hemmenden Gedanken und formen sie in Gedanken um, die uns wachsen lassen. Hier ist das kleine Wörtchen „noch“ von entscheidender Bedeutung. Statt „Ich kann das nicht“ wird daraus ein „Ich kann das NOCH nicht“ und schon habe ich es wieder in der Hand, an diesem Zustand etwas zu ändern.
Auch überdenken wir konkret Situationen, in denen es uns schwerfällt zu lernen oder voranzukommen. Wir überlegen uns Sätze, die wir uns in diesem Fall sagen können. Diese Art der Selbstinstruktion wirkt sich positiv aus und bringt Schüler dazu, Kräfte zu mobilisieren und über sich hinaus zu wachsen.
Was bedeutet das für uns?
Wir sollten uns bemühen, ein gutes Vorbild zu sein.
Es lohnt sich daher einmal zu überlegen, welche Formulierungen wir nutzen, auch uns selbst gegenüber. Wie ist meine eigene Einstellung zu Fehlern? Wie spreche ich als Erwachsener mit Kindern und Jugendlichen? Schaffe ich eine positive Lernumgebung? Ermögliche ich die Entwicklung eines dynamischen Selbstbilds?
Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen! Hinterlass mir gerne einen Kommentar unter diesem Blogartikel oder schreibe mir eine Mail.
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- 7 starke Ideen für starke Kinder von Bettina Häntsch.
- Warum positives Mindset mehr ist als nur gute Laune von Tanja Rehmer
- Das Mindset der Superhelden und was wir von ihnen lernen können von Tanja Rehmer
- Esther Nogler zur Bedeutung des kleinen Wörtchens «NOCH»: Mini-Tipp mit Maxi-Wirkung für mehr Zufriedenheit
- Carol Dweck: Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt, Pieper, 2023
- Manfred Spitzer: Aufklärung 2.0, Schattauer, 2011
- Caroline von St. Ange: Alles ist schwer, bevor es leicht ist. Wie lernen gelingt, Rowohlt, 2023
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Ein richtig schöner Blogartikel 🙂
Ganz toll finde ich das „Ich kann das NOCH nicht“ Denn genau da muss man einfach hin.
Vielen lieben Dank fürs teilen meiner Artikel.
💙lichst deine Tanja
Danke, liebe Tanja!
Hallo Sabine,
vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag.
Wie wichtig der Einfluss unserer eigenen Gedanken auf unser Verhalten und Tun ist, kann nicht oft genug wiederholt werden. Fast empfinde ich diesen „Denke Positiv und verändere deine Welt“ – Spruch heutzutage überstrapaziert und „ausgelutscht“ – obwohl so viel Wahrheit dahinter steckt. Umso schöner, dass du in deinem Beitrag auch Studien zu Wort kommen lässt – das untermauert die Wirkweise von negativen Gedanken.
Viele Grüße
Anette
Hallo Anette,
vielen Dank für deine Rückmeldung! Bei meinen Schülern kann ich die Wirkung positiver Gedanken sehr gut beobachten. Oft kommen Eltern schon nach 1-2 Stunden und berichten über die positiven Entwicklungen in der Schule. Fachlich konnten wir in dieser kurzen Zeit noch rein gar nichts verbessern. Aber allein, dass ich mich dem Kind positiv zuwende und es bestärke kann schon bewirken, dass das Kind wieder selbst an sich glauben kann und ganz anders mit schulischen Situationen umgeht.
Liebe Grüße und denke positiv auch wenn der Spruch ausgelutscht ist 😉
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