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Was ist eine pädagogische Diagnostik und was testet die Kinderpsychologie?

Das Foto zeigt Cover verschiedener LRS- und Rechenschwächetests

Es ist Januar und die Halbjahreszeugnisse stehen vor der Tür. Viele stellen jetzt fest, dass das schulische Lernen nicht so funktioniert, wie sich das vorgestellt haben und die Ergebnisse nicht den gewünschten entsprechen. Bei einigen Schülerinnen und Schülern wird vielleicht erstmals die Vermutung formuliert, dass die Lese- und Schreibentwicklung nicht normgerecht voranschreitet und das Kind doch besser einmal auf LRS oder Rechenschwäche getestet werden sollte.
Wer führt diese Testungen durch und wie unterscheiden sich eine pädagogische Testung bei einem Lerntherapeuten und die medizinische Diagnostik in der Kinder- und Jugendpsychologie? Diese Fragen möchte ich im Folgenden klären.

Warum ist eine Testung bei Lese-Rechtschreib- und Rechenproblemen wichtig?

Schwierigkeiten in Deutsch und Mathematik können zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten in der schulischen Entwicklung auftreten. Manche Schülerinnen und Schüler fallen früh auf, weil die Lehrkräfte z.B. beobachten können, dass sie auch in der 2. Klasse immer noch mit den Fingern die Ergebnisse der Aufgaben abzählen. Andere Schüler kommen vielleicht lange gut im Unterricht mit, weil sie gelernt haben ihre Schwierigkeiten zu verdecken. So scheinen Schüler einen Text lesen oder Aufgaben rechnen zu können, dabei sind die beobachteten Ergebnisse durch Auswendiglernen entstanden. Diese Schüler fallen daher erst viel später auf, oft erst in der 3. oder 4. Klasse.

Lernschwierigkeiten in Deutsch und Mathematik treten daher in der Regel auf vielen verschiedenen Ebenen auf. Somit gibt es leider kein Patent-Rezept zur Förderung! Vielmehr muss bei jedem Lerner individuell geschaut werden, über welche Kompetenzen der Schüler oder die Schülerin schon verfügt und wo genau die Schwierigkeiten sind. Darüber gibt die individuelle Diagnostik Aufschluss, so dass im Folgenden die Förderung gezielt an dieser Stelle ansetzen kann.

Was ist eine pädagogische Diagnostik?

Bei der pädagogischen Diagnostik handelt es sich um eine Lernstandserhebung, die abprüft welche Kompetenzen der Schüler oder die Schülerin schon erworben hat. Diese kann von einem Lerntherapeuten oder anderen Pädagogen durchgeführt werden. Ziel ist es, mögliche Förderschwerpunkte festzustellen.

Die Feststellung der Förderschwerpunkte kann formell, d.h. mittels standardisierter Tests, oder informell, durch selbst zusammengestellte Übungen erfolgen. Standardisierte Tests bieten den Vorteil, ein relativ objektives Bild über den Leistungsstand zu erhalten. Die Ergebnisse werden zu einer Vergleichsgruppe gleichen Alters in Beziehung gesetzt. So erhält man einen Einblick, wie das Kind im Vergleich zu Gleichaltrigen abschneidet.

Die meisten Tests geben aber keinen Aufschluss über die von den Lernern verwendeten Strategien zum Lösen der Aufgaben. Daher ist es immer sinnvoll, die Tests durch qualitative Analysen zu ergänzen, z.B. nachzufragen, wie bestimmte Aufgaben gelöst wurden. Am Ende kann die Testperson in der Regel sehr gut einschätzen, auf welcher Ebene eine Förderung für den Lerner oder die Lernerin sinnvoll ist.

Neben der Förderdiagnostik mittels standardisierter Tests, sind auch informelle Verfahren möglich. Hierbei handelt es sich um ähnliche Aufgaben, die aber nicht durch eine große Stichprobe abgesichert wurden. Das bedeutet, dass die Ergebnisse nicht im Vergleich zur Altersgruppe eingeordnet werden können und die Entscheidung über das Ergebnis zu einem gewissen Grad subjektiv bleibt. Hier kommt es auf die Erfahrung der durchführenden Person an, die Leistungen des Schülers oder der Schülerin adäquat einschätzen zu können.

Ob formell oder informell – in jedem Fall gibt die pädagogische Diagnostik Auskunft über die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Daraus lassen sich die Schwerpunkte ableiten, an denen eine gezielte Förderung ansetzen sollte.

Hast du Interesse an einer pädagogischen Diagnostik? Dann melde dich gerne bei mir, damit wir einen Termin vereinbaren können.

Was testet die Kinder- und Jugendpsychologie?

Die LRS- oder Rechenschwäche-Diagnostik bei Kinder- und Jugendpsychologen ist eine medizinische Diagnostik nach ICD-10 bzw. 11 (WHO). Diese Diagnostik folgt den festgelegten Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Am Ende wird eine medizinische Diagnose gestellt, z.B. Lese-Rechtschreibstörung, die mit einem entsprechenden Kürzel versehen wird (z.B. F 81.0). Diese Diagnostik schließt mit ein, dass die auftretenden Schwierigkeiten nicht durch unzureichende Beschulung, Hör- oder Sehschwierigkeiten oder unterdurchschnittliche Intelligenz zustande gekommen sind. Die Diagnostik beim Kinder- und Jugendpsychologen schließt also neben der Leistungsfeststellung in den Fächern Mathematik und Deutsch immer auch einen Intelligenztest mit ein.

Das Hinzuziehen der Intelligenz als Diagnosekriterium wird von der Wissenschaft zunehmend kritisch gesehen. Es bleibt aber auch in der neuen ICD-11 als entscheidendes Merkmal erhalten und somit weiterhin Teil der medizinischen Diagnostik.

Welche Art der Diagnostik benötige ich, damit mein Kind Unterstützung bekommt?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Es kommt darauf an, was mir wichtig ist und wofür ich die Diagnostik möglicherweise benötige.

Manche Eltern möchten gerne medizinisch abgesichert wissen, woran sie sind. Hier ist die medizinische Diagnostik sinnvoll, da sie sehr umfassend ist. Auch kann eine Diagnose hilfreich sein, wenn es in der Kommunikation mit unterstützenden Einrichtungen, z.B. der Schule, Schwierigkeiten gibt. Mit einer medizinischen Diagnostik hat man etwas in der Hand, das nicht unberücksichtigt bleiben darf.
Auch wird ein medizinisches Gutachten benötigt, wenn Unterstützung durch öffentliche Stellen, wie z.B. die Wiedereingliederungshilfe über das Jugendamt, beantragt werden soll. Dies übernimmt in bestimmten Fällen eine Lerntherapie. Die Grundlage ist hier aber nicht die festgestellte Legasthenie oder Dyskalkulie sondern vielmehr, dass die Teilhabe des Kindes oder des Jugendlichen gefährdet ist, z.B. Schulangst oder auch selbstabwertende Gedanken auftreten.

Kommt das alles nicht in Frage und es geht eigentlich nur darum, dass das Kind Fortschritte machen kann, reicht in der Regel eine pädagogische Diagnostik aus. Anhand dieser kann ein Förderplan erstellt werden und die individuelle Förderung beginnen. Dennoch sollte auch die pädagogische Diagnostik durch das Abklären des Seh- und Hörvermögens ergänzt werden. So kann ausgeschlossen werden, dass organische Ursachen das Erlernen des Lesens, Schreibens oder Rechnens erschweren.

Diagnostik und was dann?

Jegliche Diagnostik ist immer eine Momentaufnahme. Vielleicht war das Kind in der Situation so aufgeregt, dass es nicht sein ganzes Wissen abrufen konnte. Die Ergebnisse müssen daher entsprechend bewertet und interpretiert werden. Auch muss auf der Basis der Ergebnisse die Entscheidung getroffen werden, was nun folgen soll. Ist eine Lerntherapie angeraten oder sind die Ergebnisse so, dass Logopädie oder eine ADHS-Therapie angeraten wären?

Auch ist es sinnvoll, die Diagnostik nach einer gewissen Zeit zu wiederholen. Entweder, um die Ergebnisse abzusichern oder als Lernverlaufsdiagnostik, um festzustellen, welche Fortschritte bereits erzielt werden konnten.

Die pädagogische Diagnostik ist für mich Voraussetzung für jede Lerntherapie, da nur so eine sinnvolle Förderplanung erfolgen kann. Auch die Lernverlaufsdiagnostik ist von besonderer Bedeutung, um die Förderung immer wieder anpassen zu können. Nur wenige meiner Schüler haben eine medizinische Diagnostik durchlaufen. es bleibt daher immer eine individuelle Entscheidung, welche Schwerpunkte man setzen möchte.

Wenn du Interesse an einer pädagogischen Diagnostik hast, dann melde dich gerne bei mir. Vielleicht möchtest du auch erstmal stöbern? Dann findest du hier 15 Schritte, was du bei Verdacht auf LRS oder Rechenschwäche tun kannst. Du möchtest dich gerne individuell beraten lassen? Dann kontaktiere mich, damit wir einen Termin vereinbaren können.

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