Eigentlich hatte ich mir für dieses Jahr vorgenommen, jeden Monat einen Monatsrückblick zu schreiben. Ich mag es, nochmal auf den vergangenen Monat zurückzublicken und zu sehen, was eigentlich alles los war. Ende März habe ich damit auch begonnen, aber irgendwie hat es nicht geklappt, diesen Artikel auch zu schreiben. Mitte April dachte ich dann, dass es auch zu spät wäre und niemand mehr etwas über den März lesen wollte. Jetzt ist es Ende April und ich habe mich entschlossen, März und April in einem Rückblick zusammenzufassen, denn die beiden Monate passen perfekt zu meinem Motto für 2025: Go with the flow – pause to grow.
Go with the flow – Die FiL-Fachtagung
Lerntherapie online?
Im März war ich ein Wochenende bei der FiL-Fachtagung in Fulda zum Thema „Lerntherapie. Integrativ. Therapeutisch. Digital“. Auch wenn ich über meine Workshopwahl am Samstag überrascht war (ich konnte mich nicht mehr an meine Auswahl bei der Anmeldung im Januar erinnern), hatte ich mich für Sonntag tatsächlich (wie gehofft) für den Workshop „Lerntherapie online und digital? Möglichkeiten und Grenzen“angemeldet. Dr. Lorenz Huck verstand es ganz wunderbar, die Teilnehmenden in den gemeinsamen Austausch zu bringen. Dabei stellte ich mal wieder fest: Die Meinungen über die Nützlichkeit und Umsetzbarkeit von Online-Lerntherapie gehen weit auseinander!
Auf der Rückfahrt im Auto gingen mir die 4 Fragen, die uns der Referent stellte, immer wieder durch den Kopf:
- Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Online-Lerntherapie gemacht?
- Warum bieten Sie aktuell Online-Lerntherapie an?
- Was ist Ihnen in der Vorbereitung einer Online-Lerntherapie wichtig?
- Wann schließen Sie Online-Lerntherapie aus?
Lerntherapie online funktioniert für mich sehr gut. Vielleicht ist einer der Hauptgründe, dass es mir einfach Spaß macht so zu arbeiten. Um einen Einblick zu erhalten, warum das für mich so gut funktioniert, habe ich meine ausführlichen Antworten in einem Blogbeitrag zusammengefasst: Warum ich Lerntherapie online anbiete – und warum das funktioniert.
Meine Learnings aus den Vorträgen
Alle Vorträge an diesen beiden Tagen fand ich sehr interessant. Meine Highlights daraus:
- Obwohl LRS und Rechenschwäche zu den neurobiologischen Entwicklungsstörungen gehören, wird diese Entwicklung bei der Diagnosestellung nicht berücksichtigt. Die Diagnose stützt sich allein auf das Nicht-Erreichen bzw. die Beeinträchtigung bestimmter (gesellschaftlich festgelegter) Standards im Bereich der Kulturtechniken.
- Kreativität schafft neue neuronale Verbindungen. Sie führt dazu, dass wir andere Wege gehen und neue Verbindungen knüpfen. Das passt für mich perfekt zur Lerntherapie. Auch das Visualisieren von Lerninhalten fällt damit unter die künstlerischen Impulse.
- Erfolgreicher Rechtschreibunterricht kann analog oder auch digital durchgeführt werden. Entscheidend sind die Qualität der Aufgaben und die individuellen Präferenzen der Lernenden. Dabei spielt das rechtschreibbezogene Selbstkonzept bzw. dessen Förderung eine wesentliche Rolle.
- Social Media verleitet Kinder und Jugendliche dazu, nur noch zu Dekodieren. Schneller Konsum und kurze Einheiten führen dazu, dass das intensive Nachdenken über Dinge weniger wird und so auch der Aufbau innerer Bilder vernachlässigt wird. Die Übersetzung zwischen den verschiedenen Modulen der Zahlverarbeitung im Gehirn (Dehaene Triple Code Modell) muss daher intensiv gefördert werden, um innere Bilder zu schaffen.
- 21 % der Kinder und Jugendlichen bezeichnen sich selbst als psychisch auffällig bzw. grenzwertig. Auch in meiner lerntherapeutischen Praxis begegne ich immer Kinder und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten: reduziertes Selbstvertrauen, Versagensangst bis hin zu Schulverweigerung. Für die Arbeit mit diesen Schülerinnen und Schülern ist die therapeutische Beziehung essenziell. Dabei kommt es wesentlich auf die Persönlichkeit des Therapeuten an. Je mehr ich als Therapeutin an mein Wirken glaube, desto besser ist letztlich auch der Therapieerfolg – das finde ich sehr ermutigend!
Weitere Highlights der Fachtagung
- Ich habe viele tolle Gespräche mit netten Kolleginnen geführt. Einige kannte ich bereits vom Namen her und es war schön, sie endlich mal kennenzulernen.
- Ich wurde mehrfach auf meinen Blog und das Lerntherapeutennetzwerk angesprochen. Das hat mich total gefreut und hat mir gezeigt, dass es sehr wohl etwas bringt, über Lerntherapie zu sprechen bzw. zu Bloggen.
- Das Catering war sehr lecker und wir wurden bestens mit Kuchen, Obst und Herzhaftem versorgt.
- Fulda ist eine wirklich schöne Stadt – auch wenn nicht viel Zeit blieb, diese zu erkunden.
- Mein Hotel lag sehr zentral und das Frühstücksbuffet war gigantisch.
- Obwohl es regnen sollte, hatten wir die ganze Zeit bestes Frühlingswetter und konnten in den Pausen die Sonne rund um das Kloster genießen.
- Die Anfahrt, wie auch die Rückfahrt, verliefen problemlos – was ich von den letzten Tagungen nicht behaupten kann…



Karl, der Spätlesereiter, und die Fehler
Auf meinem Streifzug durch Fulda bin ich zufällig Karl, dem Spätlesereiter, begegnet. Vielleicht hieß er auch anders, doch mir ist er aus den Comics aus den 90er Jahren aus dem Rheingau bekannt (übrigens stehen alle Bände in meinem Bücherregal). Im ersten Band wird die Geschichte um die Entdeckung der Spätlese erzählt:
Karl sollte als Bote aus dem Rheingau von Schloss Johannisberg, das damals dem Fürstabt von Fulda unterstellt war, zum Kloster Fulda reiten, um vom dortigen Bischof die Erlaubnis zur Traubenlese einzuholen. Der Bote verspätete sich jedoch und so durften die Trauben nicht geerntet werden. Während alle umliegenden Winzer längst mit der Lese begonnen hatten, verfaulten die Trauben des Klosters Johannisberg an den Rebstöcken. Als der Bote dann schließlich mit großer Verspätung wieder in Johannisberg eintraf, ernteten die Mönche die verfaulten Trauben und kelterten sie trotzdem. Das Ergebnis überraschte alle und die Spätlese war entdeckt!
Wieder einmal ein Beispiel, dass aus Fehlern, wenn man sie annimmt und das Beste daraus macht, neue Dinge entstehen können! Ich sammele gerne solche Beispiele, um sie mit meinen Schülern zu thematisieren. Denn viele kommen mit großer Angst vor Fehlern in die Lerntherapie. Sie haben in der Schule die Erfahrung gemacht, dass Fehler etwas Schlechtes sind, ein „Nicht-Genügen“ kennzeichnen und damit bestenfalls vermieden werden sollten. Wenn wir das Thema in der Lerntherapie besprechen und sie dann erkennen, dass so viele Erfindungen, die für uns heute selbstverständlich sind, nur durch vermeintliche „Fehler“ entstanden sind, sind sie immer sehr erstaunt. Besonders gefällt mir die Geschichte rund um die Erfindung der Cornflakes, die es als Lesetext in ein Übungsheft zum flüssigen Lesen geschafft hat.
Was ist dein Lieblingsbeispiel zum Thema „Ein Fehler – und was daraus entstanden ist“? Schreibe mir gerne in den Kommentaren!



Pause to grow
Food-Tour durch Potsdam
Im März war ich mit meiner Schwester zu einer weiteren Food-Tour in Potsdam verabredet. Leider wurde sie krank und meine liebe Kollegin Silke konnte kurzfristig einspringen. Gemeinsam machten wir uns an einem Sonntagmorgen bei herrlichem Frühlingswetter auf nach Potsdam. Erstaunlicherweise war auf der Autobahn fast nichts los und auch in der Stadt fanden wir sofort einen Parkplatz. So hatten wir vor Beginn der Tour noch genug Zeit ein bisschen durch das Holländer-Viertel zu bummeln und uns mit einem leckeren Flammkuchen für die Tour zu stärken. Das war auch genau richtig, denn die erste Station der Tour war gleich ein Nachtisch: russischer Zupfkuchen in einem ganz versteckten kleinen Café. Nach dem Start im Neuen Garten mit Blick auf die Häuser der am See lebenden Promis ging es einmal quer durch die ganze Stadt: über das Nauener Tor, die nördliche Innenstadt wieder zurück ins Holländer-Viertel – wir hatten unseren Parkplatz also perfekt gewählt! An verschiedenen Stationen erzählte uns unser Tour-Guide Wichtiges und Interessantes aus der Geschichte Potsdams. Kulinarisch gab es neben dem schon erwähnten Kuchen noch 5 weitere Kostproben: Macarons, Hummus, Pizza, Softeis und Cracker – alles sehr lecker! Diese Mischung aus Stadtführung und leckeren Kleinigkeiten machen für mich diese Touren aus. Es macht einfach Spaß, sich auf einem geführten Spaziergang durch eine (noch unbekannte oder vielleicht auch schon bekannte) Stadt zu bewegen.



Osterferien – ausruhen und lesen
In den Osterferien habe ich beschlossen einfach mal auszuruhen. Schlussendlich habe ich natürlich doch einiges gemacht, aber alles ohne besondere Terminplanung. Zu Beginn der Ferien habe ich die beiden Hunde eingepackt und bin zu meinen Eltern gefahren. Da der eine Hund keine geschwungenen Treppen mehr hochläuft (nicht weil er das nicht kann, sondern weil er Angst hat, seitdem er einmal abgestürzt ist) habe ich eine Matratze ins Wohnzimmer gelegt und dort kampiert. Gleich am ersten Tag wollte ich mit meinem Vater etwas im Keller regeln und natürlich passierte, was nicht sollte: Der Hund ist uns hinterher. Anschließend haben wir eine halbe Stunde gebraucht, bis wir den Hund so weit hatten, die Treppe wieder hochzulaufen!
In den Ferien habe ich auch viel gelesen. Unter anderem die Biografie von Bill Gates „Source Code – meine Anfänge“. Faszinierend fand ich, dass er, wie viele andere herausragende Persönlichkeiten, ein Kind war, das nicht „ins System gepasst“ hat. Schon früh hat Bill Gates darauf gesetzt, Dinge gründlich zu verstehen und hatte dabei Menschen in seinem Umfeld, die ihm genau dies ermöglicht haben. Gleichzeitig wird in der Biografie deutlich, wie viel man erreichen kann, wenn man sich für etwas wirklich interessiert. Tolle (Kurz-)Biografien berühmter Persönlichkeiten in Form von Bilderbüchern mit wenig Text findest du in der Reihe „Little People, Big Dreams“, die übrigens in viele Sprachen übersetzt wurde. Ein Beispiel zu „Taylor Swift“ findest du in meinem Blogbeitrag Starke Bücher für starke Kinder.
Ein bisschen entspannte Fortbildung
Ich habe mich in den Ferien aber nicht nur ausgeruht. Im Lerntherapeutennetzwerk habe ich einen Vortrag von Prof. Dr. Katja Siekmann gehört. Thema war „Diagnostik und Förderung von Rechtschreibkompetenzen“. Vieles war mir bereits bekannt, da ich schon seit vielen Jahren mit der „OLFA“ (Oldenburger Fehleranalyse) als Ausgangspunkt für die individuelle Förderung arbeite. Impulse konnte ich dennoch mitnehmen, z.B. dass wir beim Üben den Schwerpunkt zu sehr auf die Besonderheiten lenken, statt die Basisschreibungen zu üben. 90 % aller Grapheme sind Basisgrapheme, d.h. sie folgen der Hauptschreibung für diesen Laut (z.B. wird das Lange-i in der Regel als „ie“ verschriftlicht, Schreibungen mit „ih“ (ihn), oder nur „i“ (wir) sind dagegen Ausnahmeschreibungen). Nur 10 % sind Nebenschreibungen, auf die wir beim Üben unser Hauptaugenmerk legen (z.B. 3 % Konsonantenverdopplungen, 2,6 % Auslautverhärtungen, 1,5 % Langvokalmarkierungen und Einzelphänomene). Die 100 häufigsten Wörter decken aber 50 % der Wörter eines Textes ab. Katja Siekmann plädiert daher dafür, dass wir zunächst die hochfrequenten Wörter üben und am individuellen Wortschatz des jeweiligen Schülers arbeiten.
Was im März und April 2025 sonst noch los war
- An Rosenmontag war ich mit zwei lieben Kolleginnen in Wolfsburg frühstücken. So ein gemütlicher Austausch tut richtig gut!
- Ich habe wieder sehr viele Eltern- und Lehrergespräche geführt. Dieser Austausch ist mir sehr wichtig, damit wir gemeinsam die beste Unterstützung für das Kind leisten können.
- Ich war wieder häufig bei unserer Tierärztin – beide Hunde hatte es mit dem Rücken.
- Nachdem im letzten Jahr ein Balken abgebrochen war, haben wir es in diesem Jahr endlich geschafft: Wir haben die Halterungen für das Sonnensegel neu gesetzt. Schlussendlich war es einfacher, als wir uns vorher ausgemalt hatten – man sollte halt einfach mal anfangen.
- Wir haben mit Freunden „Robin Hood“ zu Ende gespielt und alle Herausforderungen gemeistert. Ok, einschränkend sei gesagt, dass wir es in der leichten Version gespielt haben, nachdem wir mit „Andor“ schlechte Erfahrungen gemacht hatten.
- Wie waren im (relativ) neuen Café Rynek 5 frühstücken – sehr zu empfehlen (unbedingt reservieren). Auch die Torten dort sind sehr lecker!
Was ich im März und April 2025 gebloggt habe
- Ohne Diagnose keine Lerntherapie? Warum die Diagnose LRS oder Rechenschwäche keine Voraussetzung ist
- Monatsrückblick Februar 2025: Leben, Lesen, Lernen
- Warum ich Lerntherapie online anbiete – und warum das funktioniert
- Lern-App oder Lerntherapie? 5 Gründe, warum Lerntherapie mehr bewirkt
Ausblick auf den Mai 2025
- Der Mai beginnt mit einem ganz langen freien Wochenende: Schon am Mittwoch vor dem ersten Mai ist schulfrei und damit auch keine Lerntherapie. Ich werde das Wochenende nutzen, um auszuruhen und endlich ein paar meiner vielen angefangenen Blogartikel fertigzustellen.
- Im Mai beginnt auch die Blogparade von The Content Society. Eigentlich wollte ich dieses Jahr nicht mitmachen – jetzt habe ich doch eine Idee und bin noch unschlüssig…
- Der Mai quillt über mit Fortbildungsangeboten, teilweise natürlich auch am selben Tag. Zum Glück gibt es von einigen auch Aufzeichnungen.
- Ende Mai findet wieder unser „Expertentreffen“ statt. Dieses Mal treffen wir uns bei Nora in Buch am Erlbach. Ich freue mich schon auf euch!
Liebe Sabine, manchmal ergibt es sich einfach so. Bei mir sind bisher immer die Monate Juni und Juli im Doppelpack erschienen, weiß gar nicht so genau, warum. Aber wie du sagst, go with the flow 🙂
Der Hinweis auf die Folgen von Social Media auf Verarbeitungsprozesse im Gehirn ist so spannend wie deprimierend. Ich bin froh, dass es Menschen wie dich gibt, die dort bewusst ansetzen.
Und beim Thema Potsdam ging bei mir der Nostalgiefilm los, da habe ich zwei Jahre gelebt, aber ich war vermutlich 20 Jahre nicht mehr dort. Könnte mal wieder hin, danke für den Impuls!
Dann wünsche ich mal einen zauberhaften Mai und bin gespannt auf deine Blogparade 😀
Liebe Grüße
Angela
Hallo Angela,
ich freue mich immer, von dir zu hören und wie schön zu lesen, dass dir der Part über Potsdam schöne Erinnerungen beschert hat! Mir hat es dort wirklich sehr gut gefallen und ich bin sicher, dass ich mal wieder hin möchte. Ja, die Blogparade hat mir irgendwie keine Ruhe gelassen und jetzt mache ich doch eine: Fokus, bitte! Meine besten Tipps für mehr Konzentration. Gerade heute habe ich den Aufruf veröffentlicht 😉 Vielleicht hast du ja Lust mitzumachen?
Ganz liebe Grüße
Sabine
Liebe Sabine,
passt doch: 2 Monate in einem Rückblick. Free flow, es ist Dein Blog 🙂 Aus Fehlern und Missgeschicken kann Wunderbares entstehen. Gelernt habe ich das durchs kreativ sein, besonders durchs Zeichnen. Wenn eine Linie mal „falsch“ ist, wird das Ergebnis eben etwas anders. Das kann ziemlich lustig sein und hat mir einen neuen Umgang mit Fehlern ermöglicht.
Danke für Deinen Einblick und einen schönen Mai für Dich!
Marita
Liebe Marita,
danke für deine Rückmeldung zum Thema „Fehler“. Genau so sollte es sein: Einfach mal den Blickwinkel ändern und schauen, was daraus Neues entstehen kann.
Liebe Grüße
Sabine
Liebe Sabine,
vielen Dank für deinen wundervollen Rückblick für die Monate März und April. Ich muss gestehen, den März habe ich komplett übersprungen bzw. ausfallen lassen. Bin gar nicht auf die Idee gekommen, beide in einen Post zu packen. *lach*
Ich liebe Food-Touren. Gerade wenn ich in Regionen oder gar Länder unterwegs bin, in denen ich noch nie gewesen bin. Eine wirklich tolle Möglichkeit die typische Landesküche kennenzulernen.
Alles Liebe aus dem Ruhrgebiet,
Claudia
Liebe Claudia,
das nächste Mal musst du keinen Monat mehr auslassen 😉 Food-Touren finde ich einfach genial und ich habe immer wieder Spaß daran. Gibt es eine Tour, die du besonders empfehlen kannst?
Liebe Grüße
Sabine