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Meine Prognose für 2024: Vernetzung macht den Unterschied

Lerntherapeuten arbeiten häufig allein in ihrer Praxis. Große Einrichtungen mit multiprofessionalen Teams sind selten und allenfalls in großen Städten zu finden. Umso wichtiger ist es, ein Netzwerk an Kolleginnen um sich zu haben. Zum Glück bietet uns die Technik heute Möglichkeiten uns ortsunabhängig zu vernetzen. Trotzdem ist es auch schön, sich hin und wieder auch live zu treffen, zu speziellen Netzwerktreffen oder auf Fortbildungen und Fachtagungen. Ein Netzwerk macht in vielen Bereichen den Unterschied und ich bin sicher, dass vernetzte Lerntherapeuten 2024 eine bessere Arbeit machen werden.

Austausch auf Augenhöhe

Immer wieder kommt man als Lerntherapeutin an Grenzen: Das, was man sich überlegt hat, funktioniert nicht, es treten unterwartete Schwierigkeiten auf, man ist sich nicht mehr sicher, ob die ausgewählten Maßnahmen die besten für die jeweilige Situation sind. Kurz: Es tut einfach gut, sich mit jemanden auszutauschen und die Sichtweise anderer zu erfahren. Oft gewinnt man bereits in der Schilderung der Situation Klarheit und kann selbst neue Lösungswege entdecken. Toll ist es natürlich, wenn innerhalb des Netzwerks Supervision angeboten wird. Die Gruppe kennt sich dann bereits und es fällt leichter von Schwierigkeiten zu berichten und auf Augenhöhe darüber zu sprechen. Vernetzte Lerntherapeuten entwickeln sich professionell weiter.

Ort der Information

Ein Netzwerk ist auch immer ein Ort der Information. Innerhalb der Gruppe erfährt man Neuigkeiten aus der Branche, die sich sonst viel langsamer verbreiten würden. Auf internen Veranstaltungen kann man sich über neue Produkte auf dem Markt informieren oder neue Trends diskutieren. Aber auch der Austausch über bewährte Materialien ist eine Bereicherung für jeden allein Arbeitenden. Praxisbeispiele der Kolleginnen regen zur Nachahmung an bzw. geben Anstoß für neue eigene Ideen. Die Vernetzung trägt dazu bei, sich persönlich zu stärken und die eigene fachliche Kompetenz zu erweitern. Austausch und Information im Netzwerk tragen so dazu bei, dass vernetzte Lerntherapeuten eine optimale Begleitung für Schüler anbieten können. Da kein einheitliches Berufsbild existiert und sich quasi jeder „Lerntherapeut“ nennen kann, ist Vernetzung ein wesentliches Qualitätsmerkmal, dass 2024 Eltern die Suche nach einer qualifizierten Lerntherapie erleichtern wird.

Auf dem Weg zu mehr Sichtbarkeit

Lerntherapie ist noch nicht so weit verbreitet, als das jeder wüsste, was man sich darunter vorstellen kann. Häufig wird Lerntherapie mit Nachhilfe verwechselt. Warum Lerntherapie aber nicht gleich Nachhilfe ist, kannst du hier nachlesen. 

Ein Netzwerk bietet Sichtbarkeit nach außen. Je mehr wir als Lerntherapeuten aufklären und neben der Arbeit mit den Schülern immer mehr Eltern und Lehrkräfte lösungsorientiert beraten, desto bekannter wird diese Form der Unterstützung werden. Lerntherapie wird 2024 sichtbarer werden!

In unserem Lerntherapeutennetzwerk machen wir auch durch gemeinsame Aktionen auf uns aufmerksam. Im letzten Jahr waren dies die gemeinsamen Aktionen „Mit Mut und Schwung ins 2. Halbjahr“ und der Blog-Hop zum Thema „Bewegt durchs Schuljahr“, was auch Thema eines Artikels im Betzold-Blog wurde. Gerade sammeln wir Tipps zum Nachteilsausgleich bei LRS, die als Kärtchen zum Download zu Beginn des nächsten Jahres veröffentlich werden sollen.

Auch hat unser Netzwerk jetzt ein Logo erhalten, welches alle Mitglieder auf ihren Seiten zeigen können. Unser Logo zeigt, dass uns Austausch auf Augenhöhe wichtig ist und hat Wiedererkennungswert auf den von uns bereitgestellten Materialien.

Durch das Teilen unserer Aktionen in den sozialen Medien und verschiedenen Newslettern, verbreitet sich das Wissen über Lerntherapie in ganz Deutschland und sogar im deutschsprachigen Ausland. All dies trägt dazu bei, das Thema Lerntherapie in der Öffentlichkeit sichtbarer zu machen und über wesentliche Qualitätsmerkmale aufzuklären. Es sind viele kleine Schritte, die zusammen zu einem großen Ganzen führen. 2024 werden wir gemeinsam einen wichtigen Schritt vorankommen. Lerntherapie wird 2024 bekannter werden!

Auch dieser Artikel trägt dazu bei, über Lerntherapie aufzuklären und mehr Sichtbarkeit zu erlangen. Daher sollen hier auch weitere Lerntherapeutinnen zu Wort kommen und über ihre Trends oder Visionen für 2024 berichten, denn auch eine Vision können wir zu einem Trend machen:

Nicole Zwiener

Ich erlebe immer mehr Offenheit in der Schule: Ein Schulleiter fragte mich nach dem Nachteilsausgleich und ich gab ihm meine Zusammenfassung, für die er sehr dankbar war.  Viele fatale Fehler geschehen aus Unwissenheit.
So wird zum Beispiel tatsächlich eine durchgeführte Lesediagnostik benotet mit nach Hause gegeben. Es ist noch nicht klar, wie man damit richtig umgeht. 
Offenheit und Aufklärung sind erste Schritte in die richtige Richtung. Wir bleiben am Ball und befördern ihn auch 2024 immer näher in die Ziellinie.

Nicole Gerbatsch

Lerntherapie bietet eine Hilfe bei Schwierigkeiten in den Bereichen Rechnen, Lesen und Schreiben. Bislang lag bei vielen Lerntherapeuten vor allem der Schwerpunkt in der Therapie von Kindern und Jugendlichen. Aber Menschen jeglichen Alters können von der individuellen Therapie profitieren und sichere Kompetenzen entwickeln. Es gehört sehr viel Mut dazu, sich als Erwachsener seinen Lese-, Schreib- oder Rechenschwierigkeiten zu stellen. Aber mit der fachlichen Unterstützung eines gut ausgebildeten Lerntherapeuten kann sich sehr viel entwickeln – egal in welchem Alter. Ich wünsche mir für 2024 mehr Selbstverständlichkeit und Hilfe für dieses wichtige Thema.

Susanne Seyfried

Der Bedarf an Lerntherapie nimmt weiterhin sehr stark zu, das ist u.a. auch dem Lehrermangel geschuldet. Da, wo unser Schulsystem versagt, suchen Eltern nach externen Möglichkeiten. Allerdings explodieren die Wartelisten für einen Lerntherapieplatz.  Eltern und Schüler brauchen jedoch dringend Unterstützung. Daher sehe ich für 2024 und darüber hinaus zwei starke Trends.

Es entstehen neben der 1:1 Lerntherapie ergänzende (Online)-Angebote für Eltern, um dem Bedarf gerecht zu werden. Dabei können diese Angebote ergänzend zur Einzelförderung sein, aber auch um Wartezeiten zu überbrücken. Eltern profitieren von psychoedukativen Angeboten, in Form von Elterncoachings, die sie im Umgang mit den Lernschwierigkeiten ihres Kindes stärken, sensibilisieren und unterstützen. 

Zum anderen entwickeln sich gerade immer mehr Möglichkeiten für Lerntherapeuten an Schulen zu arbeiten. Damit können Schüler präventiv und frühzeitig erreicht werden. Allerdings ist das Arbeiten an der Schule nicht mit einer 1:1 Lerntherapie zu vergleichen. Lerntherapeuten, die hier aber offen sind, finden an Schulen ganz wunderbare Möglichkeiten in zeitlich befristeten Projekten. Lerntherapeutisches Wissen an Schulen ist unabdingbar geworden. Ich sehe hier großes Potential Lerntherapie an Schulen langfristig zu etablieren, wenn sich Lerntherapeuten stärker vernetzen und ihre Erfolgsprojekte von Lerntherapie in Schule nach außen tragen. 

Eva Sroka

Es ist vielmehr meine Vision als eine Prognose: Die Schulen öffnen sich immer mehr für die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Berufsgruppen. Perspektivisch entstehen schulische Teams aus Lehrkräften, Lerntherapeut:innen, Psychologen, Handwerker:innen, Sozialarbeiter:innen etc., die bedürfnisorientiert mit den Schüler:innen arbeiten und sie in ihrer Entwicklung unterstützen.

Barbara Wenning

In meinem Weg als Clown – eigentlich unabhängig von der Lerntherapie- habe ich entdeckt, dass es seit einiger Zeit nicht nur Klinikclowns, sondern auch Schulclowns gibt, die in Schulen gehen und durch Empathie und Humor Kinder stärken und motivieren. 
In den nächsten Jahren möchte ich den Clown mehr in die Lerntherapie einbeziehen, v.a. was Staunen, Lachen und Lockerheit Fehlern gegenüber betrifft. 
Generell ist meine Vision, dass Humor und Leichtigkeit im Umgang mit Fehlern, sowie Freude am Lernen und Leben viel mehr Raum in Schule und Lerntherapie finden.

Melanie Neßlböck

Vor einigen Monaten habe ich begonnen mich intensiver mit künstlicher Intelligenz (KI) auseinander zu setzen. Dabei wurde ich auf Chat-GPT und weitere mächtige Tools aufmerksam. Ich war sofort fasziniert von den Fähigkeiten dieser KI und bin überzeugt, dass sie unsere Bildungslandschaft in den nächsten Jahren verändern und revolutionieren wird. 
Wir werden unsere Lernweisen überdenken müssen und gerade Chat-GPT kann uns dabei auf so vielfältige Weise begleiten und unterstützen. Es kann nur um ein paar Beispiele zu nennen: 

  • Hausaufgaben kontrollieren, 
  • Vokabel abfragen, 
  • beim Verfassen von Texten Denkblockaden lösen bzw. sich durch Vorschläge inspirieren lassen
  • bei der Themenfindung helfen,
  • Korrektur lesen lassen, 
  • Synonyme finden – Wortwiederholungen in Texten vermeiden,
  • Rechnungen kontrollieren, 
  • Texte übersetzen, 
  • komplexe Themen in einfachen Worten erklären, 
  • Chat-GPT kann auch ein Schreibpartner sein und Geschichten fortsetzen, 
  • Texte zusammenfassen bzw. vereinfachen,
  • diskutieren: Chat-GPT übernimmt die Rolle eines Debattierpartners (Pro/Kontra)
  • künstliche Zeitzeugen befragen – Chat-GPT verfasst beispielsweise einen Brief aus der Sicht einer berühmten historischen Persönlichkeit
  • etc.

Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Schüler und Eltern über mögliche Risiken informiert werden müssen. Chat-GPT ist grundsätzlich ab 13 Jahren erlaubt und aufgrund Quellenkritik ständig zu hinterfragen. 
Chat-GPT lügt beispielsweise auch, wenn es keine zuverlässigen Informationen findet, erfindet es welche und Quellen sind nicht nachvollziehbar. Dies kann auch Urheberrechte verletzen. 
Der größte Nachteil von KI und in diesem Fall Chat-GPT ist jedoch immer noch die fehlende Empathie und somit soziale Interaktion. Die Begleitung und das Erwerben von kritischem Denken durch Medienkompetenz wird in Zukunft im Schulwesen und für das tägliche Leben immer wesentlicher sein.

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2 Kommentare

  1. Jutta Sitzmann-Kerber

    Warum ich Lerntherapeutin wurde. Ich arbeite seit vielen Jahren als Integrationshilfe an verschiedenen Schulen. Immer wieder muss ich erleben, dass Diplom Pädagog*innen nicht zwingend über die Behandlung einer Lese- und Rechtschreibstörung Bescheid wissen. Es erfordert eine freiwillige, zusätzliche Ausbildung. Es entstehen Missverständnisse und falsche Ansätze. Durch meine Weiterbildung kann ich zur Aufklärung tatkräftig beitragen und die Lerntherapie bekannter machen. Im ländlichen Bereich ist diese leider noch viel zu selten zu finden.

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