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5 Gründe, warum Lese-Rechtschreibschwäche oft übersehen wird – und was du dagegen tun kannst

Die Grafik zeigt ein Kind am Schreibtisch, um das Buchstaben "tanzen"

Der Schwerpunkt im ersten Schuljahr liegt neben dem Rechnenlernen auf dem Erlernen des Lesens und Schreibens. Viele Kinder haben hierbei Schwierigkeiten. Manchmal handelt es sich nur um eine vorübergehende Phase, doch kann auch eine Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) hinter diesen Problemen stecken. Wird diese nicht frühzeitig erkannt, können die Grundlagen des Lesens und Schreibens nicht erlernt werden und das Kind verliert den Anschluss. 
In diesem Artikel stelle ich dir typische Anzeichen von LRS vor, zeige dir 5 Gründe, warum man LRS übersehen könnte und was du tun kannst, um dein Kind frühzeitig zu unterstützen.

Was ist eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)?

Die Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) oder auch Legasthenie ist eine spezifische Lernstörung, die das Erlernen von Lesen und Schreiben deutlich erschwert. Häufig fehlen Basiskompetenzen, wie das Erkennen und Finden von Reimen, Silben oder Lauten, die in der Regel vor Schuleintritt erworben werden. Kinder mit LRS haben daher Schwierigkeiten, gesprochene Sprache in Schrift zu übertragen (beim Schreiben) oder auch umgekehrt (beim Lesen).

Typische Anzeichen einer LRS

  • Langsames und stockendes Lesen
    Kinder mit LRS haben oft Mühe, Wörter flüssig zu lesen. Einzelne Buchstaben sind vielleicht noch nicht sicher und sie können Wörter nicht in Silben erlesen. Oft müssen auch häufige Wörter jedes Mal neu erlesen werden und können nicht als Ganzes aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Die Schüler benötigen daher viel Zeit, um Wörter zu entziffern.
  • Probleme bei der Rechtschreibung
    Selbst bei häufig vorkommenden Wörtern machen Kinder mit LRS oft Rechtschreibfehler. Das gleiche Wort kann in einem Text in verschiedenen Schreibungen vorkommen. Das Üben von Lernwörtern bringt häufig nicht den erwünschten Erfolg.
  • Verwechslung von ähnlich aussehenden Buchstaben
    Oft kommt es zu Verwechslungen ähnlich aussehender Buchstaben, wie „b“ und „d“. 
  • Wörter werden falsch oder gar nicht erkannt
    Weil das Lesen so mühsam ist, lesen viele Kinder nur den Anfang und „raten“ den Rest. Dies führt zu häufigen Lesefehlern, welche das sinnentnehmende Lesen erschweren. Auch bekannte Wörter müssen häufig immer wieder neu erlesen werden, was zu einem stockenden Lesefluss führt.
  • Mangelndes Leseverständnis
    Weil das Kind so stark mit dem Entziffern der Wörter beschäftigt ist, ist das Verständnis des gelesenen Textes oft schwierig.

Abgrenzung zu anderen Lernschwierigkeiten

Die beschriebenen Schwierigkeiten bei LRS beziehen sich nur auf den Bereich Lesen und Schreiben, andere Lernbereiche sind davon nicht betroffen. Wichtig zu betonen ist, dass diese Schwierigkeiten unabhängig von der Intelligenz oder dem allgemeinen Lernverhalten des Kindes auftreten. Kinder mit LRS sind genauso neugierig und lernbereit wie ihre Mitschüler, doch sie kämpfen mit einer spezifischen Herausforderung, die das Lesen und Schreiben betrifft. Um eine LRS klar von anderen Lernproblemen wie einer allgemeinen Lernverzögerung oder Aufmerksamkeitsstörungen (z.B. ADHS) abzugrenzen, ist eine Diagnose durch Fachkräfte nötig.

Warum wird LRS so häufig übersehen?

Verwechslungsgefahr mit normalem Entwicklungsverlauf

Die typischen Anzeichen für eine LRS treten auch im normalen Entwicklungsverlauf des Lesen- und Schreibenlernens auf: Langsames, stockendes Lesen ist Teil der normalen Leseentwicklung, bis durch genügend Übung häufige Silben oder auch ganze Wörter schnell erkannt und deren Bedeutung aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden können. Auch beim Schreibenlernen werden Wörter lauttreu verschriftet, bis erste Rechtschreibregeln zum orthografisch richtigen Schreiben führen. Die häufig beobachtete Verwechslung von Buchstaben (z.B. b und d) kann auch in der normalen Entwicklung vorübergehend auftreten, bis die Laut-Buchstabenverbindung gesichert ist. Es ist daher nicht immer einfach zu unterscheiden, ob die beobachteten Anzeichen nun „normal“ oder schon auffällig sind. 

Vermeidung aufzufallen

Kinder mit Lernschwierigkeiten halten sich im Unterricht eher zurück und versuchen, nicht negativ aufzufallen. Sie ergreifen selten die Initiative und versuchen es zu vermeiden in Situationen zu kommen, in denen ihre Schwierigkeiten offenkundig werden. Schüler mit LRS melden sich meist nicht freiwillig zum Vorlesen und lassen, wenn möglich, andere das Schreiben für sie übernehmen (z.B. in Partner- oder Gruppenarbeiten). Dieses Vermeidungsverhalten kann dazu führen, dass ihre Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben länger unbemerkt bleiben.

Schwankende Leistungen

Ein häufiges Merkmal von Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche sind ihre stark schwankenden Leistungen. An einem Tag können sie Texte relativ flüssig lesen und machen nur wenige Fehler, während sie am nächsten Tag bereits mit einfachen Wörtern oder Sätzen kämpfen. Beim Schreiben verhält es sich ebenso. Diese inkonsistenten Ergebnisse führen oft dazu, dass Eltern und Lehrer die Schwierigkeiten des Kindes nicht sofort als LRS erkennen. Stattdessen wird vermutet, dass das Kind nicht konzentriert ist oder sich einfach „mehr Mühe geben“ müsste. Dabei müssen Schüler mit einer LRS schon mehr mentale Energie aufbringen, um Ergebnisse zu erzielen, was schließlich zu einer schnelleren Ermüdung führt. An guten Tagen, an denen das Kind besonders ausgeruht und motiviert ist, kann es daher gelingen, die Schwierigkeiten zu kompensieren. An anderen Tagen, wenn bereits alle Energiereserven aufgebraucht sind, treten die Schwierigkeiten dagegen deutlicher hervor.

Fehlendes Wissen über LRS bei Eltern und Lehrkräften

Leider kommt es immer wieder vor, dass Lehrkräfte zu wenig über LRS wissen und Eltern daher falsch beraten. Aufgrund der Ähnlichkeiten zum normalen Entwicklungsverlauf wird bei ersten Anzeichen auftretender Schwierigkeiten häufig dazu geraten, erstmal abzuwarten, schließlich haben Kinder laut der Curricula der Länder bis zum Ende der 2. Klasse Zeit, um den Lese-Schreiblernprozess abzuschließen. Dies nährt leider den weit verbreiteten Mythos „Warten wir mal ab, das wächst sich noch aus.“ Doch eine LRS „wächst sich nicht aus“, vielmehr werden die Schwierigkeiten immer größer, bis schließlich auch das Selbstwertgefühl des Kindes darunter leidet („Lesen und Schreiben kann ich nicht!“). Eltern fällt es häufig schwer, beobachtete Auffälligkeiten einzuordnen. Die Frage, was noch „normal“ ist, können sie durch den Vergleich mit älteren Geschwistern oder den Vergleich mit Kindern von Freunden nicht zufriedenstellend beantworten. 

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Tabuisierung von Lernschwierigkeiten

Lernschwierigkeiten wie die Lese-Rechtschreibschwäche sind in vielen Familien und auch in der Schulumgebung immer noch ein Thema, über das man nicht gerne spricht. Häufig besteht der unbewusste Druck, dass das Kind den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen soll. Ein „normales“ Kind sollte keine Schwierigkeiten haben, Lesen und Schreiben zu lernen. Wenn das Kind jedoch Probleme zeigt, entsteht häufig die Angst, dass es nicht den Anforderungen entspricht, in der Gesellschaft nicht zurecht kommt oder in der Schule „hinterherhinkt“. Eltern wollen oft nicht wahrhaben, dass ihr Kind Unterstützung benötigt und zögern daher, über die Schwierigkeiten zu sprechen oder fachliche Hilfe zu suchen.

Was du tun kannst, um LRS frühzeitig zu erkennen

Das frühzeitige Erkennen von Lernschwierigkeiten ist entscheidend, um Kinder bestmöglich in ihrem Lernprozess zu unterstützen. Nur so können große Lernrückstände und negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl vermieden werden. Wie kannst du als Lehrkraft oder Elternteil nun erste Anzeichen für eine LRS erkennen?

Achte auf frühe Warnzeichen

Bei einer LRS sind sogenannte Vorläufer- bzw. Basiskompetenzen betroffen. Fällt also das Lesen- und Schreibenlernen im ersten Schuljahr schwer, sollte geprüft werden, wie gut die phonologische Bewusstheit ausgebildet ist. Konkret bedeutet dies, ob die Kinder Reimwörter finden oder Wörter in Silben gliedern können. Auch die Identifikation von Lauten im Wort (z.B. den ersten oder letzten Laut eines Wortes erkennen) ist eine wichtige Basiskompetenz für das Lesen und Schreiben.

Kinder, bei denen bereits im Vorschulalter Sprachentwicklungsstörungen festgestellt wurden, haben ein erhöhtes Risiko, im Schulalter eine LRS auszubilden. Hatte das Kind bereits vorschulisch eine Logopädie-Therapie, sollte das Lesen- und Schreibenlernen genau beobachtet werden.

Auch das Erlernen der einzelnen Buchstaben kann bei Kindern mit einer LRS zu Schwierigkeiten führen. Ist die Laut-Buchstaben-Verbindung nicht sicher, kann das Lesen und Schreiben nicht gelingen. Sie erkennen Buchstaben langsamer und brauchen mehr Zeit, um Wörter zu entziffern.

Beobachte die Leseentwicklung genau

Während des Lese- und Schreiblernens in der Grundschule solltest du das Leseverhalten des Kindes besonders aufmerksam beobachten. Denn Kinder mit einer LRS lesen langsamer und haben Mühe, Wörter schnell zu erkennen. Das Lesen wirkt oft stockend und abgehackt. Ähnlich aussehende Buchstaben, wie z.B. „b“ und „d“ werden häufig verwechselt. Auch die Lesegenauigkeit ist betroffen. Häufig werden einzelne Buchstaben oder sogar ganze Silben ausgelassen, so dass der Sinn des Wortes nicht mehr erkannt werden kann. Auch kommt es häufig zum Erraten von Wörtern. Nachdem der Wortanfang gelesen wurde, wird der Rest dazu erfunden. Verstärktes Üben am Schulstoff zeigt in der Regel wenig Erfolg und führt manchmal dazu, dass Schüler die Lesetexte auswendig lernen.

Beobachte das Schreiben genau

Kinder mit einer LRS machen selbst bei vermeintlich einfachen Wörtern viele Rechtschreibfehler. Beim Schreiben werden häufig Buchstaben ausgelassen, hinzugefügt oder durch andere Buchstaben ersetzt. Die Fehler erscheinen oft inkonsequent, z.B. wird das gleiche Wort in einem Text mehrmals unterschiedlich falsch geschrieben. Diese Fehler treten auch beim Abschreiben von Wörtern auf.

Beachte auch, dass die Leistungen deines Kindes stark schwanken können. An manchen Tagen gelingt es dem Kind, weitgehend fehlerfreie Texte zu schreiben, während es an anderen Tagen viele grundlegende Fehler macht. Diese Schwankungen sind typisch für Kinder mit LRS.

Tausche dich mit den Lehrkräften bzw. den Eltern des Kindes aus

Lehrkräfte können wertvolle Beobachtungen beisteuern, da sie das Kind in einem schulischen Umfeld erleben und die Leistung des Kindes im Vergleich zum Altersdurchschnitt besser einordnen können. Eltern dagegen beobachten das Lesen und Schreiben im häuslichen Rahmen und können mit wichtigen Informationen über die Sprachentwicklung des Kindes unterstützen. Regelmäßige Gespräche können helfen, ein besseres Bild von den Lese- und Schreibfähigkeiten des Kindes zu bekommen und auftretende Schwierigkeiten besser einzuordnen.

Suche dir Unterstützung durch Fachkräfte

Wenn du den Verdacht hast, dass dein Kind eine LRS haben könnte, ist es wichtig, rechtzeitig den Rat von Fachkräften, z.B. Lerntherapeuten oder Kinder- und Jugendpsychologen, einzuholen. Eine gezielte Diagnose kann Klarheit bringen und den Weg für eine gezielte Förderung ebnen. Die Zusammenarbeit mit Fachleuten ist essenziell, um dein Kind frühzeitig und individuell zu unterstützen. 

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2 Kommentare

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