Schulanfänger kommen voller Neugier in die Schule und wollen lesen und schreiben lernen. Eltern, Lehrkräfte und Betreuer:innen begleiten sie auf diesem Weg, jeder nach bestem Wissen. Damit dies gelingt und es nicht zu Verwirrungen kommt, ist es wichtig, die grundlegenden Bausteine der Sprache zu verstehen. In diesem Blogartikel greife ich daher die zwei Elemente auf, die den Grundstein für das Lesen und Schreiben legen: den Buchstaben und den Laut. Häufig weisen Lehrkräfte auch zu Beginn des schulischen Schriftspracherwerbs darauf hin, dass Eltern mit ihren Kindern nicht buchstabieren, sondern besser lautieren sollen. Worin liegt der Unterschied zwischen Buchstabe und Laut oder buchstabieren und lautieren? Darauf möchte ich mit diesem Blogartikel eine Antwort geben.
Was ist ein Laut?
Ein Laut ist die kleinste Einheit gesprochener Sprache. Laute werden beim Sprechen durch die Art und Weise, wie die Sprechorgane (wie Lippen, Zunge, usw.) positioniert sind, erzeugt. Laute werden auch als Phoneme bezeichnet. Zusammengefügte Laute bilden ein gesprochenes Wort.
Was ist ein Buchstabe?
Ein Buchstabe ist ein Zeichen geschriebener Sprache. Der Buchstabe steht dabei für einen gesprochenen Laut. Benennen wir den Buchstaben, geben wir ihm in der Regel einen Namen: b wird zu „be“, s zu „es“. Es gilt also zu unterscheiden zwischen dem Buchstabenklang /b/ und dem Buchstabennamen „be“.
Im Alphabet sind Buchstaben, die die grundlegenden Zeichen unserer Schrift bilden, zusammengefasst. Wie viele das sind? Die meisten würden sicher 26 antworten. Aber eigentlich sind es mehr, denn ä, ö, ü und ß werden in der Regel nicht mitgezählt. Seit 2017 ist das große ß Bestandteil der deutschen Rechtschreibung, so dass einige Wissenschaftler mittlerweile von 27 Buchstaben im Alphabet ausgehen.
Was ist der Unterschied zwischen Laut und Buchstabe?
Jeder Buchstabe repräsentiert eine oder mehrere Lautvarianten. Zum Beispiel repräsentiert der Buchstabe „D“ den Laut /d/ wie in „Dach“. Am Ende des Wortes „Hund“ steht das „d“ allerdings für den Laut /t/. Ein Buchstabe kann somit mehrere Laute repräsentieren, je nachdem, an welcher Stelle im Wort er steht. Auch können Laute durch Buchstabenkombinationen verschriftlicht werden. So wird der Laut /ks/ durch die Buchstaben „chs“ ausgedrückt, z.B. im Wort „Fuchs“.
Dies macht das Lesen und Schreiben lernen so schwierig: Manche Wörter bestehen nur aus wenigen Lauten, aber mehreren Buchstaben. Das Wort „Schaf“ z.B. besteht aus 5 Buchstaben, aber nur aus den 3 Lauten /sch/a/f/. Die Laut-Buchstaben-Zuordnung muss in der ersten Klasse erst gelernt werden. Ist die Zuordnung eindeutig, wie in „Auto“, handelt es sich um sogenannte lauttreue Wörter, denn der Laut /au/ wird immer durch die zwei Buchstaben „a“ und „u“ verschriftlicht. Schwierig wird es, wenn die Zuordnung nicht eindeutig ist, sondern vielmehr bestimmten Rechtschreibregeln folgt. So wird das /lange i/ in der Regel als „ie“ geschrieben, wie in „Biene“. Aber auch die Ausnahmeschreibungen ih (ihr), i (Igel), ieh (sieh) und y (Handy) kommen vor, so dass man sich manchmal ein Wort buchstabieren lassen muss, um die richtige Schreibweise zu notieren.
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Wann muss man lautieren, wann buchstabieren?
Zu Beginn des Schriftspracherwerbs werden vorwiegend lauttreue Wörter verwendet, also Wörter, bei denen die Zuordnung von Laut und Buchstabe eindeutig ist. Beim Lautieren geht es darum, Buchstaben oder Buchstabenkombinationen so auszusprechen, wie sie klingen, anstatt sie buchstabengenau zu lesen. Ich nenne das B „b“ und nicht „be“. Beim Wort „Fisch“ müssen Leseanfänger beim Lesen z.B. erkennen, dass die Buchstaben s-c-h zusammen den Laute /sch/ ergeben und eben nicht einzeln gelesen werden dürfen. Fisch lautiere ich demnach /f/i/sch/. Beim Schreiben lernen muss der umgekehrte Weg gegangen werden: Ich höre /m/au/s/ und übersetze das Gehörte in die Buchstaben M-a-u-s.
Das Lautieren unterstützt beim Erlernen von Lese- und Schreibfähigkeiten, indem es Kindern dabei hilft, Buchstaben mit den entsprechenden Lauten zu verknüpfen und Wörter auf der Grundlage dieser Laut-Buchstaben-Verbindungen zu lesen oder umgekehrt Laute in Buchstaben zu übersetzen und so Wörter zu schreiben.
Beim Buchstabieren wird ein Wort in seine einzelnen Buchstaben aufgeteilt, und diese Buchstaben werden einzeln und in der richtigen Reihenfolge ausgesprochen. Buchstabieren kommt meistens dann zum Tragen, wenn ich eine Schreibweise nicht kenne. Ich frage dann nach „Wie schreibt man das, buchstabiere bitte.“ (Übrigens eine Frage, die meine Schüler häufig ihrer KI stellen, um sich das Nachschlagen im Wörterbuch zu ersparen.) Dann bekomme ich in der Regel jeden Buchstaben einzeln mit dem Buchstabennamen genannt: „Typ“ schreibt man „großes Te – ypsilon – pe“.
Beim Buchstabieren bekomme ich die genaue Anleitung, welche Buchstaben ich schreiben muss, beim Lautieren prüfe ich das Wort auf seine Laute, benenne diese und übersetze sie dann, unter der Beachtung von Rechtschreibregeln, in Schriftzeichen.
Hallo Sabine,
zufällig stieß ich auf deinen Blogartikel über den Unterschied zwischen Laut und Buchstabe. Ich war eigentlich auf der Suche nach dem GESPROCHENEN Alphabet, wobei z.B. das B nicht wie „be“ ausgesprochen wird, sondern man lediglich den Laut „b“ hört. Gar nicht so leicht, das auszudrücken, aber ich vermute, du als Spezialistin verstehst, was ich meine.
Leider habe ich nichts Entsprechendes entdeckt.
Gibt es so etwas überhaupt?
Zum Hintergrund meiner Frage: als pensionierte Deutsch- und Französischlehrerin begann vor etwa zwei Jahren, einem jungen Mann aus der Elfenbeinküste ehrenamtlich das Lesen und Schreiben beizubringen.
Inzwischen kann er an einem A1-Kurs an der VHS teilnehmen. Trotzdem kommt er noch häufig zu mir, um Hausaufgaben zu machen und zu üben.
Dabei fällt mir auf, dass er Wörter wie etwa „Ball“ problemlos liest, während er bei „Blume“ oder „braun“ stockt.
Ich muss dazu sagen, dass er das ABC schon kannte, als er zu mir kam.
Hast du eine Idee, wie ich ihm helfen kann?
Ganz herzlichen Dank im Voraus sowie liebe Grüße
Herma Schenke
Hallo Herma,
Material zu einem „gesprochenen Alphabet“ kenne ich nicht (vielleicht aber Logopäden?). Wenn du nichts findest, könntest du es immer noch selbst aufsprechen. Vielleicht hat dein Schüler aber einfach noch Schwierigkeiten mit Konsonantenhäufungen am Wortanfang. Auch viele meiner Schüler können offene Silben (wie mu, le oder ba) gut lesen, haben dann aber mit Konsonantenhäufungen (wie in deinen Beispielen „Blu-me“ oder „braun“) ihre Schwierigkeiten. Vielleicht könntest du hier mit ihm ansetzen?
Viele Grüße und weiter viel Erfolg!