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Die Lerntherapie-Entdecker-Kiste – ein Gastbeitrag von Bettina Häntsch

Was ist Lerntherapie und wie kann ich mit Kindern darüber sprechen? Das ist zu Beginn der Lerntherapie immer wieder ein bedeutsames Thema. Im letzten Jahr stellte Nicole Gerbatsch im Lerntherapeutennetzwerk ihren Lerntherapiekoffer vor. Mit diesem startet sie immer in die erste Lerntherapiestunde mit neuen Schülern.

Bettina Häntsch, Lerntherapeutin aus Dresden, hat diese Idee wieder aufgegriffen und eine Lerntherapie-Entdecker-Kiste zusammengestellt.

Wie sie die Lerntherapie-Entdecker-Kiste einsetzt und was sich genau darin befindet, hat sie in folgendem Gastbeitrag beschrieben. Wir haben den Gastbeitrag auf zwei Blogs aufgeteilt. Einen Teil findest du hier, Bettinas Beitrag weiterlesen kannst du bei Susanne Seyfried.

„Kommst du nachher noch raus spielen?“

„Ich kann heute leider nicht, ich gehe noch zur Lerntherapie.“

„Lerntherapie? Was ist denn das?“

Nachhilfe und auch Förderunterricht ist den meisten Menschen ein Begriff und auch die meisten (Schul-)Kinder könnten erklären, was damit gemeint ist. Was sich hinter dem Begriff Lerntherapie verbirgt, ist jedoch noch weniger bekannt. 

Lerntherapie Kindern erklärt

Wenn Kinder neu zu mir in die Praxis kommen, stehe ich immer wieder vor der Aufgabe, ihnen kindgerecht begreifbar zu machen, was Lerntherapie eigentlich ist. Wie das gelingen kann, dazu habe ich mir Gedanken gemacht und herausgekommen ist meine Lerntherapie-Entdecker-Kiste.

In dieser Kiste gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Gegenständen zu entdecken, die für die verschiedenen Aspekte der Lerntherapie stehen. Das Betrachten und Ausprobieren der Gegenstände lässt die Vorstellung davon, was Lerntherapie ist, lebendig und im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar werden.

Das versteckt sich in meiner Lerntherapiekiste

Stift

Die meisten Kinder können schwimmen oder Rad fahren. Gerne lasse ich mir von ihnen in Einzelheiten erklären, wie sie diese Fähigkeit gelernt haben. Dabei ist es mir wichtig hervorzuheben, dass sie im Tun Radfahren oder Schwimmen gelernt haben, sie also aufs Fahrrad gestiegen sind und losgetreten haben oder ins Wasser gegangen sind und Schwimmbewegungen ausgeführt haben. Erst noch unsicher und mit Hilfe, dann immer besser, ausdauernder und selbstständiger. So ist es auch mit den schulischen Fähigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens. Diese werden nur dadurch gelernt, dass ich sie auch tue, dass ich lese, schreibe und rechne. Andere Methoden können ergänzend und unterstützend eingesetzt werden, aber der Vergleich mit dem Radfahren und Schwimmen leuchtet den Kindern ein und hilft, die Motivation für Übungen (auch) mit dem Stift anzuheben.

Schachfigur

Obwohl nur wenige Kinder selbst schon mal Schach gespielt haben, das Spiel als solches kennen die meisten noch. Für Spiele lassen sich die Kinder in der Regel schnell begeistern. Ist dem Kind Schach bekannt, lasse ich mir die Regeln kurz erklären und wir überlegen, worauf es bei diesem Spiel ankommt, um zu gewinnen. Schach ist ein rundherum strategisches Spiel. Ich muss meine Züge und auch die möglichen Züge meines Gegners vorausdenken. Strategien sind jedoch nicht nur für das Spiel Schach hilfreich, sondern auch für das Lernen. Wie kann ich planvoll lernen und so viel Frust und Zeit sparen? Welche Lernstrategien gibt es und welche passen zu mir? Wie funktioniert lernen überhaupt und was kann ich beachten? Solchen Fragen sind wir auch in der Lerntherapie auf der Spur und dafür soll die Schachfigur symbolisch stehen.

Farben

Meine Lieblingsfarbe ist grün. Die meisten meiner Therapiekinder haben ebenfalls eine oder mehrere Lieblingsfarben. Farben verbinden wir oft mit Gefühlen und Stimmungen. Auf ein kleines weißes Stück Papier lasse ich die Kinder ein buntes Farbenmeer malen. Wie wirken die Farben auf dich? Welche Farbe verbindest du mit Fröhlichkeit, Mut, Ärger oder Angst? Gefühle wahrnehmen, sie annehmen und selbst regulieren können sind Fähigkeiten, die viele Kinder noch nicht ausreichend entwickelt haben. Doch was hat das mit Lerntherapie zu tun? Emotionen beeinflussen direkt und indirekt unser Lernen. Sie können aktivieren, motivieren, einen direkten Zugang ins Langzeitgedächtnis legen, aber auch deaktivieren, blockieren und das Behalten von Lerninhalten verhindern. Du bist begeisterter Pokémon-Fan? Dann hast du bestimmt mit Leichtigkeit alle Entwicklungen der allermeisten Pokémon gelernt, die es gibt. Dein Bruder ist begeisterter Fußballfan, aber du findest Fußball einfach nur doof und langweilig? Wahrscheinlich weißt du trotz guter Erklärung im nächsten Augenblick schon nicht mehr, wer Mittelfeldspieler des Vereins xy der 3. Liga ist.

In der Lerntherapie wollen wir uns auf eine Entdeckungsreise durch die Farbenwelt der Gefühle machen, sie wahrnehmen, annehmen und selbst zu Steuermännern /-frauen unserer Gefühle werden.

Denkblasen

Nicht nur unsere Gefühle, auch unsere Gedanken tragen einen wesentlichen Teil zum Lernerfolg bei. Wenn ich Kinder frage, was für Gedanken ihnen durch den Kopf gehen, wenn sie ans Lesen, Schreiben oder Rechnen denken, dann kommen oft Gedanken zum Vorschein, die sehr pauschalisierend und katastrophisierend sind: „Ich bin zu doof dafür“, „Das schaffe ich nie“, „Ich mache immer zu viele Fehler“, „Ich werde das nie verstehen“ usw. Solche Wolkengedanken kennt sicher jeder von uns. Haben sich die Wolkengedanken aber festgesetzt und scheinbar durch viele Misserfolge über lange Zeit hinweg häuslich bei uns eingerichtet, dann glauben wir, dass sie wahr sind. Und wenn wir das glauben, dann erwarten wir, dass sie sich immer wieder bestätigen, bei jeder Probe, jeder Hausaufgabe. Ein Teufelskreis beginnt. In der Lerntherapie machen wir uns auf die Suche nach solchen Wolkengedanken und werden zu Wahrheitsdetektiven. Stimmt dieser Gedanke wirklich? Ist das immer so oder gibt es Ausnahmen? Wo war es schon mal anders? Nach und nach verändern wir die Wolkengedanken, die Sonne bricht durch und aus einem „Ich werde das nie verstehen“ wird ein „Ich verstehe noch nicht alles, aber ich gehe Schritt für Schritt voran“. Mit diesem Satz im Kopf lernt es sich gleich viel leichter.

Luftschlangen

Die Luftschlange ist bei den Kindern sehr beliebt. In der Lerntherapie wird viel gefeiert und abgeklatscht. Erste Schritte im Lernen führen zu ersten kleinen Erfolgen. Diese sichtbar zu machen, zu feiern und zu würdigen bringt neuen Mut für weitere Schritte. Jeder kleine Lernerfolg ist es wert, gewürdigt zu werden. Dafür steht die Luftschlange in der Entdecker-Kiste. Für die Entwicklung einer Eigenmotivation beim Lernen ist es jedoch von besonderer Bedeutung, wenn nicht die Erfolge, sondern bereits die Bemühung hervorgehoben wird. Auch das ist Teil der Lerntherapie.

Weitere Ideen für die Lerntherapiekiste

Die Liste an Ideen für die Lerntherapie-Entdecker-Kiste ließe sich sicher noch fortführen. Sie gibt Gelegenheiten, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen und nebenbei auf kindgerechte Art Lerntherapie zu veranschaulichen. Aber nicht nur für Kinder, auch für Eltern und Lehrkräfte kann die Lerntherapie-Entdecker-Kiste ein guter Gesprächseinstieg sein, um Inhalte und Charakteristika der Lerntherapie zu vermitteln.

Weitere Gegenstände aus meiner Lerntherapiekiste habe ich in meinem Gastbeitrag unter Lerntherapie-VS beschrieben. Diese können die Lerntherapiekiste ergänzen. Ich sage bewusst ergänzen und nicht vervollständigen, denn ich weiß von anderen geschätzten Kolleginnen aus dem Lerntherapeutennetzwerk, die ähnliche Kisten/Koffer/Taschen gepackt haben mit zum Teil anderen Gegenständen, die auf dieselben oder weitere Aspekte der Lerntherapie hinweisen.

Dir gefällt die Idee der Lerntherapie-Entdecker-Kiste? Dann kannst du Bettinas Beitrag unter Lerntherapie-VS weiterlesen. Vielleicht hast du schon eine eigene Kiste zusammengestellt? Dann erzähle gerne davon und hinterlass einen Kommentar!

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