Menü Schließen

Im Fokus bleiben: Was ist der Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration?

Gerade stehen sie wieder an: die Lernentwicklungsgespräche (LEG). In diesen Gesprächen zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und gegebenenfalls Eltern, wird der derzeitige schulische Lernfortschritt besprochen. Gleichzeitig werden gemeinsam Ziele für die Zeit bis zum nächsten LEG festgelegt. Dabei können fachliche, soziale oder persönliche Entwicklungsziele berücksichtigt werden. Wenn mir meine Schüler in der Lerntherapie davon erzählen, höre ich ganz oft: „Ich muss mich besser konzentrieren. Ich bin nicht aufmerksam genug.“
Dabei werden die beiden Begriffe, Aufmerksamkeit und Konzentration häufig synonym verwendet und oft ist nicht ganz klar, worin der Unterschied eigentlich besteht. Was bedeutet es, sich zu konzentrieren und aufmerksam zu sein? Darauf möchte ich dir in diesem Artikel antworten.

Was ist Aufmerksamkeit?

Aufmerksamkeit ist eine komplexe geistige Fähigkeit, die für das Lernen besonders wichtig ist. Dabei steht die Aufmerksamkeit am Anfang einer Kette von Prozessen, die schlussendlich zum Lernen führen. Die Fähigkeit, unsere Wahrnehmung auf einen bestimmten Reiz oder eine spezifische Aktivität zu richten und somit diese Reize aufzunehmen, bezeichnen wir als Aufmerksamkeit. Entscheidend für die Weiterverarbeitung der Reize und damit das Lernen ist, welche Aufmerksamkeit wir den äußeren Reizen, z.B. dem Vortrag, dem wir zuhören, zukommen lassen. Denn nur die Reize werden weiterverarbeitet, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten. Alles andere, z.B. das mein Sitznachbar gerade hustet oder Stifte herunterfallen, nehmen wir zwar auch wahr, dies wird aber nur wenige Millisekunden festgehalten und anschließend wieder vergessen. Wäre das nicht der Fall, würden wir mit den vielen Reizen unserer Umgebung überflutet.

Aufmerksamkeit ist immer zielgerichtet

Unsere Aufmerksamkeit ist selektiv, d.h. wir nehmen nur Ausschnitte unserer Umwelt bewusst wahr, anderes blenden wir aus. Mit Aufmerksamkeit ist damit immer eine Hinwendung bzw. Zuwendung zu einer Sache gemeint und ist so immer selektiv, d.h. ich treffe eine Auswahl. In der Arbeit mit meinen Schülern verwende ich da häufig das Scheinwerferbild: Der Scheinwerfer richtet sich auf das, wo ich gerade hinschaue oder hinhöre, d.h. nur das befindet sich im Lichtkegel. Wende ich meine Aufmerksamkeit einem neuen Reiz zu, wende ich mich gleichzeitig von etwas anderem ab. Das vielzitierte Multitasking ist damit eigentlich nicht möglich. Das, was wir unter Multitasking verstehen ist eigentlich ein schneller Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten.

Richte ich meine Aufmerksamkeit also auf eine bestimmten Reiz bzw. auf eine Aufgabe oder ein Ziel, blendet mein Gehirn andere Reize aus. So kommt es, dass uns manche Dinge entgehen bzw. wir sie nicht mitbekommen, wenn wir völlig auf etwas fokussiert sind. Wie steht es mit deiner Aufmerksamkeit? Das kannst du gerne in folgendem Videoausschnitt aus „Frag doch mal die Maus“ ausprobieren: Schau dir das Video genau an, kannst du den Täter finden? (1)

Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, hängt auch mit unserem Vorwissen zusammen. Auch können wir unsere Aufmerksamkeit dann gezielter auf etwas richten, wenn wir wissen, welche Aufgabe uns anschließend noch erwartet. So können Schülerinnen und Schüler ihre Aufmerksamkeit dann gezielter auf etwas richten, wenn sie wissen, welche Fragen sie klären sollen.

Für schulisches Lernen bedeutsam ist darüber hinaus die geteilte Aufmerksamkeit. Damit ist die Fähigkeit gemeint, die Aufmerksamkeit zeitgleich, bzw. neurobiologisch gesehen eigentlich im schnellen Wechsel, auf mehrere Reize zu lenken, z.B. den Vortrag der Lehrkraft (auditiver Reiz) und das Arbeitsblatt auf dem Tisch (visueller Reiz).

Sabine Landua mit Kaffeetasse in einem kreisrunden Bildausschnitt

Hier geht’s zu meinem

Newsletter

Alles rund um das Lernen mit LRS und Rechenschwäche.

Was ist Konzentration?

Während Aufmerksamkeit die Fähigkeit ist, unsere Sinne bewusst auf eine bestimmte Sache zu richten, gilt die Konzentration als Maß für die Intensität und Dauer der Aufmerksamkeit. Konzentration ist das Vermögen, unsere Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, uns auf eine Aufgabe zu fokussieren und ablenkende Gedanken oder Reize auszublenden. Konzentration bezeichnet damit die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit willentlich zu steuern und aufrechtzuerhalten, auch wenn es schwierig oder ermüdend wird.

Die Konzentrationsfähigkeit kann von Person zu Person unterschiedlich sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab: psychologischen Faktoren wie Motivation und Interesse, physische Faktoren wie Schlaf und allgemeiner Gesundheitszustand, Umgebungsfaktoren wie Gestaltung des Arbeitsplatzes und Ablenkungen, aber auch emotionale Faktoren wie Stress und Angst.

Nimmt die Konzentrationsfähigkeit ab?

Heute haben viele Menschen das Gefühl, sich schlechter konzentrieren zu können als früher, also die Aufmerksamkeit nicht mehr so lange auf eine Aufgabe richten zu können. Nimmt die Aufmerksamkeitsspanne tatsächlich ab?

Fakt ist, dass unser Gehirn nur 7-16 Eindrücke pro Senkung verarbeiten kann (2). Unsere Aufmerksamkeit wirkt dabei als „Flaschenhals“ wo entschieden wird, ob Reize als wichtig oder unwichtig eingeordnet werden. Unwichtige Reize werden im Idealfall ausgeblendet. Das Problem hierbei ist, dass besonders auffällige Reize verstärkt wahrgenommen werden, wie z.B. laute Geräusche oder visuelle Reize (v.a. Bewegung). Auch Neues oder Überraschendes wird stärker wahrgenommen als schon Bekanntes. Unsere Aufmerksamkeitsspanne hat sich daher nicht verändert, vielmehr hat sich unsere Umgebung so entwickelt, das viel mehr ablenkende Reize auf uns einwirken und es daher scheint, als könnten wir uns nicht mehr so lange konzentrieren.

In der Literatur wird die Aufmerksamkeitsspanne mit 125 Millisekunden bis 30 Minuten angegeben (1). Wie lange ich meine Aufmerksamkeit halten kann und wie intensiv ich mich auf etwas konzentriere, ist dabei abhängig von der Komplexität der Aufgabe und meinem persönlichen Interesse: Wenn mir etwas zu kompliziert ist oder ich es total langweilig finde, „steige ich aus“. Ich kann oder will nicht mehr folgen, suche mir Ablenkung und beschäftige mich mit etwas anderem. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist dann relativ gering. Wenn ich etwas sehr interessant finde und mich der Inhalt fordert, kann ich durchaus 30 Minuten fokussiert arbeiten.

Forscher haben herausgefunden, dass unser Aufmerksamkeitsfokus tatsächlich alle 125-250 Millisekunden wechselt (1). Auch wenn wir also das Gefühl haben, kontinuierlich an einer Sache zu arbeiten, nehmen wir dennoch andere Reize wahr. Dies ist der Evolution geschuldet, denn früher war es durchaus überlebenswichtig, den Rest der Welt nicht völlig auszublenden, sondern die Gegend immer wieder nach Gefahren abzuscannen. Heute sind die Gefahren, die im Klassenzimmer oder im Büro auf uns lauern, sehr überschaubar. Unsere Herausforderung heute ist es eher, ablenkende Reize auszublenden.

Tipps für bessere Konzentration

Aufmerksamkeit ist nicht nur eine Fähigkeit, die mehr oder minder ausgeprägt ist. Vielmehr kann Aufmerksamkeit aktiv gesteuert und trainiert werden. In der Lerntherapie und im Lerncoaching arbeiten wir daran, wie es gelingen kann, die Aufmerksamkeit gezielt auszurichten und ablenkende Reize auszublenden.

Verschiedene Strategien und Techniken können dabei helfen, die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. So kann es z.B. helfen, sich bewusst Zeit für konzentriertes Arbeiten zu nehmen und Ablenkungen zu minimieren. Dies können z.B. feste Zeiten sein, zu denen Aufgaben erledigt werden und das Handy ausgeschaltet bleibt. Auch die Gestaltung des Arbeitsbereichs kann ein Baustein sein. Ebenso können das Einsetzen von Pausen und das Festlegen klarer Ziele dazu beitragen, die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. 

Die besten Konzentrationstipps aus meiner Blogparade „Fokus bitte!“ stellt eine Sammlung vieler Impulse aus ganz unterschiedlichen Blickrichtungen dar. Vielleicht ist auch ein Tipp für dich dabei?

Was ist der Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration?

Aufmerksamkeit und Konzentration bilden die Grundlage schulischen Lernens. Auch wenn sie häufig synonym verwendet werden, ist Konzentration ohne Aufmerksamkeit nicht möglich. Aufmerksamkeit bezieht sich auf die Fähigkeit, unsere Sinne auf eine bestimmte Sache oder Aufgabe zu richten. Konzentration hingegen bezieht sich auf die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit intensiv und über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Um neues Wissen zu erwerben und zu verstehen, ist es notwendig, die Aufmerksamkeit gezielt und willentlich auf die präsentierten Informationen richten, nur so können sie bewusst wahrgenommen und im Gedächtnis verarbeitet werden. Nur wenn es uns gelingt, die Aufmerksamkeit über längere Zeit aufrechtzuerhalten und ablenkende Reize auszublenden, können wir konzentriert arbeiten. Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme zeigen sich oft dann, wenn wir unsere Aufmerksamkeit willentlich auf Dinge richten müssen, die uns langweilen oder geistige Anstrengung verlangen und uns damit vielleicht überfordern. 

Du willst wissen, wie du dich besser auf deine Aufgaben konzentrieren kannst? Weniger Ablenkung, klare Ziele und regelmäßige Pausen können deine Konzentration verbessern. Auch Strategien für die Bearbeitung von Aufgaben, wie z.B. der innere Monolog bzw. Selbstinstruktion, können helfen. Diese Strategien können z.B. in Konzentrationstrainings, wie das Marburger Konzentrationstraining, geübt werden. Damit dir die Umsetzung gelingt, ist es wichtig, sich über die Ursachen der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme klar zu werden.

Was bedeutet das eigentlich, sich zu konzentrieren? Wie fühlt sich echter Fokus an? Und vor allem: Wie gelingt es, ihn herzustellen und über längere Zeit aufrechtzuerhalten? In meiner Blogparade Fokus bitte! Meine besten Tipps für mehr Konzentration habe ich im Sommer 2025 ich genau diese Ideen gesammelt.
In meinem Übersichtsartikel Die besten Konzentrationstipps aus meiner Blogparade „Fokus bitte!“ findest du alle 21 wunderbaren und inspirierenden Artikel der Teilnehmerinnnen. Viel Spaß beim Stöbern!

Falls dein Kind noch nicht bei mir in der Lerntherapie ist und du Interesse an einem Konzentrationskurs (vor Ort oder online) hast, melde dich gerne bei mir und wir schauen, wie wir das umsetzen können.

Quellen:

(1) Quarks Dimension Ralph: Wird unsere Aufmerksamkeit immer schlechter?
(2) Spektrum, Lexikon der Neurowissenschaft: Aufmerksamkeit

Zum Weiterlesen:

von Hopffgarten, Anna. Liebes Gehirn, konzentrier dich doch mal!, Spektrum der Wissenschaft

Ähnliche Beiträge

9 Kommentare

  1. Barbara

    Liebe Sabine,
    mir war der Unterschied auch nicht so klar, du hast ihn gut verständlich auf den Punkt gebracht.
    Der „Wolfsblick“, den du gerne mit deinen Kids übst, ist aus „Lotte, träumst du schon wieder?“, oder?
    Das Buch steht noch in meinem Regal und jetzt habe ich endlich einen Ansporn, daraus was umzusetzen.
    Da sind zwar gute Impulse drin, aber durch dich wird mir klarer, dass ich da auch was umsetzen kann.
    Vielen Dank und liebe Grüße aus München.

  2. Pingback:Mein Pinguin-Moment: Vom Sprung ins kalte Wasser

  3. Pingback:AVWS - Was ist das eigentlich? -

  4. Anetté

    Das ist ja interessant, Sabine.
    Den Unterschied kannte ich nicht, halte ihn jetzt nach dem Lesen für sehr wichtig! Denn Konzentrationsmangel wird ja schnell ausgesprochen – sich dann klar zu machen, dass es tatsächlich ohne Aufmerksamkeit nicht funktioniert finde ich schon wichtig und dadurch eine andere Betrachtungsweise.
    Danke für die Information darüber.
    Viele Grüße, Anette

    • Sabine Landua

      Vielen lieben Dank für deine Rückmeldung, Anette! Mit Blick auf deine Adresse fällt mir ein, dass das Bild des „Wolfes“ bei mir häufig im Zusammenhang mit Aufmerksamkeit vorkommt. Eine Übung, die ich gerne mit meinen Schülern durchführe, ist der „Wolfsblick“, der etwas genau in den Blick nimmt, sein Ziel verfolgt und sich nicht ablenken lässt.
      Liebe Grüße nach Ludwigshafen!

  5. Esther

    Liebe Sabine, danke für den spannenden Artikel. Ich war mir dieser Unterschiede bisher gar nicht so deutlich bewusst.

    Deine tolle Infografik bringt es nochmals sehr schön auf den Punkt, was du beschrieben hast.

    Danke auch für die Ideen, die dabei helfen können, die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern.

    Ich finde es äusserst faszinierend, was der Mensch braucht, um lernen und sich weiterentwickeln zu können.
    Weiterhin viel Freude an deiner Arbeit und liebe Grüsse aus der Schweiz

    Esther

    • Sabine Landua

      Liebe Esther, vielen lieben Dank für deine tolle Rückmeldung! Solange das Lernen funktioniert, macht man sich gar nicht so die Gedanken darüber. Treten aber Schwierigkeiten auf, wird deutlich, wie viele kleine Zahnräder da ineinandergreifen!
      Liebe Grüße in die Schweiz!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner