Der November ist traditionell der Monat der Elternsprechtage und Lernentwicklungsgespräche. Auch für mich bedeutet er jedes Jahr viele Gespräche mit Eltern: Einige melden sich neu bei mir, weil die Schule ihnen eine Lerntherapie empfiehlt, und andere geben mir Rückmeldungen aus den Gesprächen, die sie in der Schule geführt haben.
Eine Rückmeldung hören meine Schüler dabei besonders häufig: „Du musst dich besser konzentrieren.“ Doch wie geht das eigentlich – besser konzentrieren? Viele Kinder wissen gar nicht, was sie konkret verändern sollen. Genau deshalb fehlen ihnen Strategien, mit denen sie im Bereich Aufmerksamkeit wirklich Fortschritte erzielen können. Dieses Thema habe ich daher im November in den Mittelpunkt meiner Lerntherapie gestellt.
Außerdem habe ich mich endlich mit dem therapeutischen Zaubern beschäftigt – etwas, das schon das ganze Jahr auf meiner Want-to-Do-Liste stand. Und weil sich 2025 langsam dem Ende zuneigt, habe ich mich auch meinen Trends in der Lerntherapie für 2026 gewidmet.
Aufmerksamkeit ist die Voraussetzung für Konzentration – ein Dauerthema in der Lerntherapie
Aufmerksamkeit ist keine Fähigkeit, die man einfach anknipsen kann. Sie entsteht aus vielen kleinen Prozessen im Gehirn, die zusammenwirken. Besonders wichtig sind hierbei die exekutiven Funktionen. Dazu gehören die Impulskontrolle, die kognitive Flexibilität und das bewusste Präsenthalten von Informationen (Updating).
Um das greifbarer zu machen, habe ich mit meinen Schülern das wunderbare Bilderbuch Stopp oder es kracht! genutzt. Damit konnten wir gemeinsam erarbeiten, wie „besser konzentrieren“ überhaupt funktioniert.
In der Geschichte passt Flatter, das verrückte Huhn, auf dem Schulweg nicht gut auf und fährt ständig auf Brauses Hinterrad auf. Brause ist natürlich genervt und wird irgendwann richtig wütend. Da kommt Flatter die Idee mit dem Gedanken-Stoppschild, ein inneres Signal, das ihr hilft, die Gedanken zu stoppen, wenn sie gerade in die falsche Richtung wandern. So übt Flatter, bei der Sache zu bleiben und ihre Aufmerksamkeit bewusst zu steuern.
Ausgehend von der Geschichte haben wir den Aufbau des Gehirns wiederholt und besprochen, was Lernen erleichtert und was es erschwert. Obwohl das Buch eigentlich sehr kindlich ist (die Protagonisten besuchen die 1. Klasse), wollten alle Schüler die Geschichte hören und hatten auch Spaß daran, sich im 2. Teil der Geschichte im Updating zu üben. Hier musste man nämlich Flatter unterstützen und sich merken, was sie alles beim Hausmeister holen soll.
Im anschließenden Gespräch konnte dann jeder Schüler die Stopp-Strategie auf sich und das eigene Lernen anwenden und spielerisch ausprobieren. Als kleine Aufgabe für die Woche bekamen sie mit, sich selbst zu beobachten und die Stopp-Strategie anzuwenden, wenn sie merkten, dass ihre Gedanken abschweifen.
Und natürlich wussten einige Schüler auch in der Folgestunde noch, was Flatter alles beim Hausmeister holen sollte – für mich ein wunderbarer Anlass, um über die Bedeutung von Wiederholung für das Lernen zu sprechen.

Therapeutisches Zaubern – Aufmerksamkeit spielerisch fördern
Letztes Jahr zu Weihnachten lief im Fernsehen die Show Magic Moves Kids, in der Kinder mit Beeinträchtigungen lernten zu zaubern. Bereits damals wollte ich mich mit dem Thema näher beschäftigen und kaufte voll motiviert zwei Bücher zum Thema therapeutisches Zaubern. Wie das häufig so ist, landeten diese auf meinem Bücherstapel und wanderten über das Jahr immer weiter nach unten. Diesen Herbst habe ich das Thema wieder auf meine Want-to-do-Liste gesetzt und beide Bücher innerhalb kürzester Zeit verschlungen. Beim Lesen musste ich immer wieder schmunzeln und ich bin mir sicher, dass Zaubern auch gerade für Schüler mit LRS oder Rechenschwäche eine tolle Möglichkeit ist, zu zeigen, was in ihnen steckt.
Zaubern hat darüber hinaus viel mit dem Thema Aufmerksamkeit zu tun. Zaubertricks leben davon, unsere Aufmerksamkeit zu lenken bzw. uns abzulenken, damit wir nicht hinter das Geheimnis schauen können. Dabei trainiert der Zauberer auch seine Aufmerksamkeit, denn wer zaubern will, muss höchst konzentriert sein. Jeder Trick besteht aus klaren, aufeinander aufbauenden Schritten. Schon ein Moment der Unachtsamkeit und die Illusion ist dahin.
Beim Zaubern passiert etwas Spannendes:
- Kinder richten ihre Aufmerksamkeit freiwillig und motiviert aus.
- Sie üben, Ablenkung bewusst auszublenden und sich ganz auf die Durchführung des Tricks zu konzentrieren.
- Sie stärken ihre exekutiven Funktionen, indem sie die „unsichtbaren“ Schritte im Kopf behalten.
- Sie erleben echte Selbstwirksamkeit, wenn der Trick klappt.
Viele Tricks bringen auch fachliche Impulse mit: Die Kinder lesen Anleitungen, verstehen Schrittfolgen oder üben sich bei mathematischen Zaubertricks im Kopfrechnen. So werden ganz nebenbei Kompetenzen im Lesen und Rechnen aufgebaut. Einen kleinen Gedankenlesen-Trick habe ich meiner Kollegin Silke vorgeführt. Auch bei Erwachsenen zaubert er sofort ein Lächeln ins Gesicht, wenn ich auf verblüffende Weise ihre gedachte Zahl errate. Mit meinen Schülern werde ich den Trick im Dezember erarbeiten, so dass sie ihn in den Weihnachtsferien üben und vielleicht schon vorführen können.
Wenn Kinder diesen Zaubertrick erlernen und ihn schließlich so gut durchführen können, dass die Illusion bestehen bleibt, drehen sich die Rollen plötzlich um. Auf einmal sind es die Kinder, die etwas beherrschen, das Erwachsene verblüfft. Und dieser Perspektivwechsel erzeugt jedes Mal dieses besondere Yeah-Gefühl, das sie trägt und stolz macht.
Trends in der Lerntherapie 2026
Ende November beschäftigen wir uns in der Content Society, meinen Blogkurs, immer mit unserer Prognose für das kommende Jahr. Meistens mache ich dabei nicht mit, weil ich finde, dass sich die Situation in der Lerntherapie von Jahr zu Jahr immer noch verschärft bzw. die Trends in jedem Jahr gleich bleiben. Diesmal habe ich doch meinen Artikel Trends in der Lerntherapie 2026 geschrieben, weil ich dachte, dass dies auch eine Möglichkeit sein kann, auf die Situation aufmerksam zu machen und vielleicht auch Interessierte dazu zu bewegen, sich 2026 im Bereich Lerntherapie ausbilden zu lassen.
Wie immer, regt das Schreiben zum Reflektieren an und ich habe für mich daraus geschlossen, meine Lerntherapie im nächsten Jahr entsprechend anzupassen:
- 2026 werde ich den Bereich der Selbstregulation bei vielen Schülern verstärkt in die Lerntherapie mit aufnehmen. Sich selbst regulieren zu können und die Aufmerksamkeit auch in „unlustigen Situationen“ aufrechterhalten zu können, ist eine grundlegende Voraussetzung, damit schulisches Lernen gelingen kann.
- Auch die Online-Lerntherapie werde ich weiterdenken. Viele meiner Schüler haben an mehreren Tagen bis 16 Uhr Unterricht. Da ist es häufig schwierig einen geeigneten Termin für die Lerntherapie zu finden, denn nach dem langen Schultag sind sie häufig müde und ich kann nicht allen Schüler einen Termin am Freitagnachmittag anbieten. Meine Idee ist es daher, die wöchentliche Lerntherapieeinheit auf dreimal 15 Minuten aufzuteilen. Zum einen ist solch eine kurze Einheit auch nach einem langen Schultag noch möglich und zum anderen profitieren die Schüler von der regelmäßigen Wiederholung, die vielen bei einer Einheit pro Woche nicht selbstständig gelingt.
Falls du bzw. dein Kind Lust hat, sich 2026 auf dieses Experiment einzulassen, melde dich gerne bei mir und wir schauen, ob unsere Vorstellungen zusammenpassen.
Was im November 2025 sonst noch los war
- Im November habe ich meinen Online-Schülern echtes Konfetti für ihre Konfettigläser geschickt. Außerdem habe ich für jedes Kind mein ganz persönliches „Konfetti“ auf kleine bunte Zettel geschrieben: positive Erlebnisse, kleine Erfolge und besondere Sternstunden, die ich mit ihnen erlebt habe. Ich hoffe sehr, dass sie sich über diese wertschätzenden Rückmeldungen gefreut haben.
- Im Lerntherapeutennetzwerk hatten wir einen tollen Austausch zum Thema Spiele in der Dyskalkulietherapie. Dabei habe ich ganz viele Impulse zu neuen Spielen, aber auch Variationen und Ideen zu bekannten Spielen mitgenommen. Vielen Dank für den tollen Austausch
- Gespräche mit Lehrkräften lohnen sich sehr! Sie helfen mir nicht nur, ein ganzheitlicheres Bild eines Schülers zu bekommen, manchmal klären sich dabei auch plötzlich auftretende Fehler auf. So haben zum Beispiel zwei Schüler derselben Klasse plötzlich konsequent ein „d“ an das Ende von Verben gehängt (schläfd, mald, gehd). Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie diese Endung gerade im Englischunterricht intensiv geübt hatten und nun unbewusst auf das Deutsche übertrugen. Problem erkannt und lösbar: In den nächsten Stunden werden wir uns gezielt mit den Wortbausteinen im Deutschen beschäftigen.
- Mein großer Hund Piet war sehr krank. Über 2 Wochen war ich täglich beim Tierarzt – an einem Sonntag sogar morgens um 7:20 Uhr. Ich bin sehr froh, dass unsere Tierärztin das möglich gemacht hat und es Piet jetzt wieder besser geht.
- Die letzte Supervision des Jahres war wieder sehr hilfreich. Ich merke, wie die Themen in meinem Kopf immer noch weiterwirken und ganz viel bewirken. Vielen Dank an Nicole Gerbatsch – du bist eine tolle Supervisorin!
- Beim Lerntherapeutenfrühstück waren wir nur zu zweit, weil die beiden anderen krankheitsbedingt leider absagen mussten. Unterhalten haben wir uns trotzdem ganz fantastisch, so dass wir unser „Frühstück“ bis 14 Uhr ausgedehnt haben. Ich freue mich schon auf unseren nächtsen Termin Anfang Januar!
- Im November war es schon winterlich kalt und es hat sogar geschneit. Lange liegen geblieben ist der Schnee zwar nicht, aber es hat mich daran erinnert, Vogelfutter im Garten aufzuhängen. Auch die Weihnachtsbeleuchtung zaubert eine schöne Winterstimmung.
- Mein Blogkurs Double your blog (DYB) lief den ganzen November hindurch. In meinem Oktoberrückblick habe ich schon etwas dazu geschrieben. Jede Woche im November gab es von Judith Peters neue Kursinhalte und viele Impulse, die ich (mehr oder weniger) umgesetzt habe. Tatsächlich habe ich sehr viel dazugelernt, aber auch gemerkt, dass ich manche Dinge einfach nicht umsetzen will, auch wenn es vielleicht noch mehr Leser auf meinen Blog bringen würde.
- Ich war auf einem ersten künstlerischen Weihnachtsmarkt und habe schon alle (meine) Weihnachtsfilm-Klassiker angeschaut.




Was ich im November 2025 gebloggt habe
- Online-Lerntherapie umsetzen: 5 Praxistipps für Lerntherapeutinnen
Online-Lerntherapie kann für viele Kinder eine echte Chance sein – besonders, wenn wohnortnahe Angebote fehlen. Mit guter Vorbereitung, klarer Struktur und Freude an der Arbeit funktioniert sie genauso lebendig wie jede Präsenzstunde. Immer wieder fragen mich Kolleginnen, wie ich das mit der Online-Lerntherapie mache. Die häufigsten Fragen habe ich in diesem Blogartikel zusammengefasst. - Mein Oktober 2025 – zwischen Blogtoberfest, Meeresrauschen und neuen Ideen
Mein Rückblick auf meinen Monat Oktober – mit Urlaub, Bloggen und Weiterbildung. - Warum Ungleichbehandlung gerecht ist: Nachteilsausgleich bei LRS und Rechenschwäche
Diesen Artikel hatte ich bereits in den Herbstferien begonnen, aber nicht fertiggestellt, weil es doch ein schwieriges Thema ist. Als genau das dann eine Wochenaufgabe von DYB war (einen Blogartikel zu einem schwierigen Thema schreiben), habe ich mich nochmal drangesetzt. In diesem Artikel geht es darum, warum Gerechtigkeit mehr bedeutet als Gleichheit, wie Schulen faire Lernbedingungen schaffen können und weshalb der Nachteilsausgleich keine „Bevorzugung“, sondern ein Ausdruck echter Bildungsgerechtigkeit ist. - Online-Lerntherapie, steigende Nachfrage und 3 weitere Trends für die Lerntherapie 2026
Mehr zu meinen Trends für 2026 findest du schon weiter oben. - Mit Yeah vom Oh zum Ah! – die Geschichte hinter meinem Claim
Zwei Jahre nutze ich schon diesen Claim, mein Artikel dazu stand aber immer noch aus. Auch dies ist ein Artikel, den ich durch DYB endlich fertiggestellt habe.
Ausblick auf den Dezember 2025
- Ich habe einige Adventskalender zu den Themen SEO, Handschrift und Markenbilder abonniert und bin schon sehr gespannt auf die Inhalte!
- Im Dezember starte ich einen Französisch-Kurs mit einer Lehrerin in Marseille, um mein eingerostetes Französisch wieder etwas auf Vordermann zu bringen.
- Ich besuche zwei Online-Seminare zum Thema Sprache und Mathematik und Zahlenraumerweiterung. Auch im Lerntherapeutennetzwerk haben wir wieder interessante Themen und treffen uns nach Weihnachten zu einem gemütlichen (virtuellen) Jahresausklang.
- Diese Jahr bin ich zum 3. Mal beim Jahresrückblog von Judith Peters dabei.

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